DIE MARABOUT-SEITE
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Chronik (1901–2020)

Zur Sozial- und Literaturgeschichte Afrikas * von innen und außen 

Jahreschroniken: 1988

Stand: 28.10.11

 

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5. Januar
1988
Der  kenianische Schriftsteller Ngugi wa Thiong'o wird 50 Jahre alt.
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10. Januar
1988
Im Alter von 71 Jahren stirbt der Schriftsteller Bai T. Moore in Liberias Hauptstadt Monrovia.
Moore, der zunächst als Dichter bekannt wurde, arbeitete im Bildungs- sowie im Kulturbereich sowohl für die liberianische Regierung als auch für die UNESCO.

Mit dem 1968 veröffentlichten Kurzroman Murder in the Cassava Patch gelang ihm der literarische Durchbruch; der Roman gehört heute zu den bekanntesten literarischen Werken des Landes und ist Pflichtlektüre an höheren Schulen. Das Opfer des Mordes, von dem im Titel die Rede ist, ist das Mädchen Tene und ausgerechnet Gortokai, der junge Mann, der diese heiraten wollte, wird dafür verantwortlich gemacht. Er ist denn auch der Ich-Erzähler, der seine Geschichte erzählt.
Sein zweiter Roman, The Money Doubler (1976, Der Geldverdoppler), handelt von einem Schwindler, der die Leute
mit dem Versprechen, es mit Hilfe der "Afrikanischen Wissenschaft" zu verdoppeln, davon überzeugt, ihm ihr Geld anzuvertrauen.
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27. Januar
29. Januar
1988
In Bamako stirbt der malische Schriftsteller Massa Makan Diabaté.
Zwei Tage später berichtet die frz. Tageszeitung Le Monde darüber. Massa Makan Diabaté sei am Mittwoch im Alter von 50 Jahren verstorben. Er habe in  Guinea und in Paris studiert, bevor er sich dem Schreiben und der Veröffentlichung von Werken gewidmet habe, die der Tradition der Malinké verpflichtet sind.
Etwa ein Dutzend seiner Bücher sind in Frankreich veröffentlicht worden und noch erhältlich. Das letzte, L'Assemblée des djinns (Die Versammlung der Dschinnen), ist 1985 erschienen.
(...) · (Le Monde, ÜFK: J.K.)
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29. Februar
(Ende 1988?**)
1988
In Beirut verstirbt knapp hundertjährig der libanesische Schriftsteller, Dramatiker, Essayist und Biograf Michail Nuaima.
Nuaima lebte in den Jahren 1911-32 in den USA. Zwei Jahre später erschien seine  Khalil Gibran-Biografie; sein berühmter Landsmann lebte ja bekanntermaßen ebenfalls (seit seiner Kindheit) in den USA, in New York. Als Nuaimas eigentliches Verdienst aber gilt die Schaffung der Grundlagen einer sich am europäischen Vorbild orientierenden arabischen Literaturkritik.
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6. März
1988
Der 1922 geborene Historiker, Pädagoge und englisch schreibende Autor Stanlake J. W. T. Samkange stirbt in seiner Heimat Simbabwe.
In den 60er Jahren wanderte er enttäuscht von der Politik in seiner Heimat in die USA aus, wo er studierte und später Afrikanische Geschichte lehrte, aber auch eine PR-Firma gründete. 1978, zwei Jahre vor der Unabhängigkeit Rhodesiens, kehrte Samkange in seine Heimat zurück. Neben wissenschaftlichen Werken verfasste er zahlreiche historische Romane:
On Trial for My Country (Vor Gericht für mein Land) 1966
The Mourned One (Der/Die Trauernde) 1968
Year of the Uprising (Jahr des Volksaufstands) 1978
Among Them Yanks (Unter diesen Yankees) 1985
On Trial for That UDI (Vor Gericht für diese Unilaterale Unabhängigkeitserklärung); 1986
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22. April
1988
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Tchicaya U-Tam'si
Gedichte frz. /deutsch
In Bazancourt bei Paris stirbt der in Französisch schreibende Dichter und Schriftsteller Gérald-Félix Tchicaya U-Tam'si aus der  Republik Kongo.
Sein Leben ist geprägt vom Exil und der Teilung seiner Heimat. Geboren 1931 in M'Piti, in Französisch-Kongo [heute: Republik Kongo], in dessen zweitgrößter Stadt Point-Noire er auch seine Kindheit verbringt. 1946 nimmt der Vater den Fünfzehnjährigen mit nach Paris, wohin er als erster schwarzer Abgeordneter des Mittelkongo (Moyen Kongo), nun französisches Überseeterritorium, berufen ist.
Tchicaya U-Tam'si schlägt sich mit Gelegenheitsarbeiten durch, wird schließlich Journalist. 1960, dem Jahr als sowohl Französisch-, als auch Belgisch-Kongo unabhängig werden, geht er als Berichterstatter in den Kongo zurück, nicht aber in die Republik Kongo, wo er geboren ist, sondern nach Kinshasa, dem ehemaligen Leopoldville, der Hauptstadt von Belgisch-Kongo und der jetzigen Demokratischen Republik Kongo, wo er drei Monate lang für die Tageszeitung Le Congo arbeitet.
Er unterhält enge Kontakte zu Patrice Lumumba, dem Panafrikanisten und ersten Ministerpräsidenten der unabhängig gewordenen Demokratischen Republik Kongo. Nach dessen Ermordung, nur wenige Monate später, kehrt er nach Paris zurück, um fortan im Dienst der UNESCO zu stehen. - Vgl. Moore, Twelve African Writers, a.a.O.
1955 wird sein erstes Buch veröffentlicht, die Gedichtsammlung Le Mauvais Sang (Paris 1955; dt: Böses Blut, Aachen 1993), dessen Titel nicht zufällig einem Gedicht von Arthur Rimbaud aus Une saison en enfer (Ein/e Aufenthalt/Zeit in der Hölle) entlehnt ist***. Von seinen vier Romanen liegt der historische Roman Les Méduses (1982; dt: Das Geheimnis der Medusen. Ostberlin 1986) in dt. Übersetzung vor. Weitere Romane:
Les Cancrelats
(1980, Die Kakerlaken)
Les Phalènes (1984, Die Spanner)

Ces fruits si doux de l'arbre à pain (1987, Die so zarten Früchte des Brotbaumes)
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zeit
los
Afrikanische und arabische Sprüche und Weisheiten:

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14. Oktober
1988
Foto - Nagib Machfus
Nagib Machfus
Datiert mit "Stockholm, 13. Oktober", meldet die Frankfurter Allgemeine Zeitung auf der ersten Seite von der
Wahl des Nobelpreises für Literatur [1988],
die auf den Ägypter  Nagib Machfus gefallen ist. "Er ist der erste mit dem Nobelpreis ausgezeichnete Schriftsteller mit der Muttersprache Arabisch." Sein Werk, fährt der Bericht fort, umfasse 40 Romane und Novellensammlungen. Machfus habe, zitiert die Tageszeitung die Begründung des Komitees, "durch nuancenreiche Werke von bald scharfsinniger Wirklichkeitsnähe, bald suggestiver Vieldeutigkeit eine arabische Romankunst von allgemeinmenschlicher Gültigkeit geprägt". Der Preis ist mit umgerechnet knapp 725.000 DM dotiert. · (FAZ)
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Oktober
1988
Treffen zur Gründung einer algerischen Schriftstellervereinigung
Am 16. Oktober treffen sich die Schriftsteller Tahar Djaout  Rachid Mimouni,  Merzak Baghtache, A. Boubakir und Djilali Khellas, von dem diese Initiative ausgeht, um eine freie algerische Schriftstellervereinigung zu gründen. Wie Khellas Jahre später für die algerische Tageszeitung El Watan berichten wird, trifft man sich im Büro des Kulturzentrums der Wilaya Algier, dessen Vorsitzender Khellas ist. Da die Zeiten schwierig sind, Präsident Chadli hat bereits den Ausnahmezustand verhängt, bemüht man sich, das Vorhaben geheim zu halten, doch jemand benachrichtigt die ausländische Presse. Das Klima von Spannungen und Streitigkeiten lässt laut Khellas das Projekt scheitern. - Vgl. Djilali Khellas, Rachid Mimouni, le fidèle (Rachid Mimouni, der Treue) in El Watan v. 02.05.05.
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17. Oktober
1988
Nach sechseinhalb Jahren Haft unter dem repressiven Regime von Daniel arap Moi wird der kenianische Historiker und Autor Maina wa Kinyatti freigelassen.
Er wird  Kenia verlassen und sich zunächst in New York niederlassen. (Vgl. PEN, American Center)
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14. November
1988
Proklamation des Palästinensischen Staates in Algier.
Als einer der Mitverfasser zeichnet in seiner Funktion als Mitglied des Palästinensischen Nationalrats (1987 bis 1993) der Dichter  Mahmoud Darwish.
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18. November
1988 Ben Jelloun zum frischgekürten Nobelpreisträger Machfus
In der frz. Tageszeitung Le Monde geht der marokkanische Schriftsteller  Tahar Ben Jelloun auf den ägyptischen Romancier  Nagib Machfus ein, auf den die Wahl für den diesjährigen Literaturnobelpreis gefallen ist. Er schreibt, der ihm zugesprochene Nobelpreis habe Nagib Machfus nicht verändert. Er habe seine Gewohnheiten sogar gefestigt und seine Bescheidenheit verstärkt. "Machfus ist einfach geblieben, er fährt fort, ein geregeltes Leben zu führen und die Treue zu seinen Freunden ist ihm absolut wichtig. Er frequentiert dasselbe Café, schreibt zu denselben Stunden, nimmt sich die Zeit, stehenzubleiben und die Leute seines Viertels zu grüßen, die ihm sicher als Vorlage gedient haben für seine Romanfiguren. "Und", so Ben Jelloun, "der  ägyptische Schriftsteller wird nicht in Stockholm sein, um seinen Nobelpreis in Empfang zu nehmen. Am 10. Dezember wird er mit seinen Freunden im Café sein."
(...) · (Le Monde, ÜFK: J.K.)
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Dezember
1988
ln Mosambik wird der spätere Dichter Eusébio Sanjane geboren.
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Anmerkungen:
* inkl. arabischer Raum
** unterschiedliche Quellenangaben: Im Internet kursiert als Todesdatum der 29. Februar 1988. Der BROCKHAUS (19. Auflage, 1991) spricht vom Ende desselben Jahres.
*** Der Afrikanist Gerald Moore teilt afrikanische Dichtung in zwei Hauptgruppen ein, die - stark verkürzt dargestellt - besagt, dass zur einen jene Dichter zählen, die durch verbale oder musikalische Events zum rhythmischen Ausdruck gefunden haben und zur anderen jene, die mittels ihrer Bildung mit der europäischen Dichtung vertraut wurden und über diesen (Um-)Weg zur Lyrik fanden. Unzweifelhaft zählt Tchicaya U-Tam'si zur letzteren. Vgl. Tchicaya U-Tam'si. The Uprooted Tree (Der entwurzelte Baum), in: Moore, Twelve African Writers a.a.O.
ÜEK: J.K. --> Aus dem Englischen Übersetzt und kommentiert: Janko Kozmus ©
ÜFK: J.K. --> Aus dem Französischen übersetzt und kommentiert: Janko Kozmus ©

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Quellen:

.. .. Sach- und Personenregister
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