Anlässlich
eines erneuten Besuchs geht Fred Mbugua für die englischsprachige
kenianische Tageszeitung Daily Nation in seinem Artikel
"Das
Haus, das James** baute"
auf
die Wirkungsstätte von →
Ngugi
wa Thiong'o in seiner Heimat ein,
das "Kamirithu home and theatre", eines der "bedeutendsten
zeitgenössischen kulturellen Wahrzeichen" des Landes.
Zunächst
gesteht der Autor, die einzigen Romane v. Ngugi wa Thiong'o,
die er gelesen habe, seien: The River Between (dt:
Der Fluß dazwischen) - "seziert als Schultext
in depremierenden Englische Literatur Unterrichtstunden" -
und Ngahika Ndeenda (dt: Ich heirate, wann ich will).
Er mag noch ins Vorwort von Detained
(dt: Kaltgestellt. Ein Gefängnistagebuch)
gesehen haben, aber nur um sich zu bestätigen,
dass er es nicht lesen wolle. "Ich kann mich deshalb mit Schamesröte
im Gesicht zu den vielen Kenianern zählen, die versichern,
über den Autor ist gut zu reden, aber schlecht zu lesen."
Das
sei ungewöhnlich, schreibt der Autor weiter, wenn man
bedenkt, dass er selbst als Zwölfjähriger mit einem
eselsohrigen Exemplar von Ngahika Ndeenda unterrichtet
wurde in Kikuyu zu lesen und zu schreiben.
Das
Buch habe nach Erde und Kakaopulver gerochen und pergamentfarbene
Seiten gehabt. "Ich begann es zu lesen, teilweise, weil ich
gehört hatte, das Buch sei auf dem Index und teilweise,
weil es eines der wenigen Prosawerke war, das meine Eltern
besaßen. Nächtelang las ich wieder und wieder die
Parabel ithako ria ngerekano, nach staatsgefährdenden
Teilen und marxistischer Propaganda suchend." Stattdessen,
schreibt er, habe er einige der vergnüglichsten Passagen
gefunden, die je geschrieben wurden.
Brillant
sei der Monolog, in dem ein Schuhfabrikarbeiter sich über
Ausbeutung beschwere! Seine Ausgabe hatte verschiedene Fotos,
die während der 1977er Original-Produktion aufgenommen
worden seien. Hier sei seine Wahrnehmung der Kamirithu-Theatergemeinschaft
geformt worden. Das Freilichttheater sei wahrscheinlich der
einzige Ort, der die zeitgenössische kulturelle Atmosphäre
Kenias der 1970er bestens repräsentierte habe. 1976 für
150.000 → Sh
erbaut, das Amphitheater mit Holzbänken und von einem
Bambuszaun umgeben, umfasste 3000 Sitze und zog Theaterbesucher
aus dem ganzen Land an. Die Polizei zerstörte es kurz
nach dem Verbot der Theateraktivitäten 1982 durch den
damaligen Zentralprovinzbeauftragten.
Ngugis
Stätte habe seinen Anteil an den Schwierigkeiten gehabt,
in die er wegen seiner politischen Ansichten geriet. Gebaut
war es auf einem 3 → Acre
großen Areal nahe des Kamirithu-Handelszentrums in Limuru,
das Familienheim bestand aus drei Rundhütten mit Ziegeldach,
das traditionellen Reetdächern ähnelt, schreibt
der Autor. Hier habe der afro-amerikanische Autor Kamau Braithwaite
(Geburtsname Edward Lawson) vor zwei
Dekaden eine Namenszeremonie gefeiert,
bei der ein Ziegenbock und ein Honiggebräu Verwendung
fanden. Der ugandische Dichter Okot p'Bitek und der sudanesische
Schriftsteller Taban lo Liyong waren als Zeugen des festlichen
Ereignisses unter den literarischen
Persönlichkeiten.
Die
glorreichen Tage der Heimstätte waren vorüber, beschreibt
Fred Mbugua, als Ngugi sie 1982 für ein Leben im Selbstexil
aufgegeben habe. Nach der Aufführung von Ngahika Ndeenda
sei Ngugi zwischen 1977 und 1978 ohne Verhandlung inhaftiert
worden. Er habe →
Kenia
1982 verlassen, um nach England ins Exil zu gehen. Während
seiner Inhaftierung attackierten sechs Männer das Haus
und zerstörten die Fenster. Später seien sie arretiert
und bevor sie entlassen wurden zu einer Geldstrafe von je
1000 Sh verurteilt worden.
1990
attackierten bewaffnete Gangster die Familie erneut, heißt
es in dem Artikel weiter, sie verletzten seine erste Frau
Nyambura und machten sich mit Eigentum im Wert von fast 500.000
→ Sh
davon. Ngugi habe mit seinen gemeinsamen Kindern
mit Nyambura - Thiong'o, Nduchu, Mukoma, Wanjiku, Njoki sowie
der adoptierten Ngina - das Heim danach verlassen; die Kinder
seien ihren eigenen Weg gegangen oder Ngugi in die USA gefolgt.
Nur Kimunya, das zweite Kind, blieb an Ort und Stelle und
würde immer noch mit seiner Familie dort leben. Sogar
Ngugis geschiedene Frau habe sich gezwungen gesehen zu gehen.
Sie habe in einem Pflegeheim in Nairobi gelebt, und sei bald
darauf im Alter von 56 Jahren nach langer Krankheit verstorben.
Ngugi sei nicht zur Beerdigung erschienen, "auch wenn dieses
Mal, anders als 1985 beim Tod seiner Mutter, keine unmittelbare
Bedrohung bei seiner Rückkehr bestanden hätte".
In
ihren letzten Jahren habe Ngugis Frau, Nyambura, einen guten
Teil der ursprünglichen Rollenverteilung des kontroversen
Dramas Ngahika Ndeenda wiederhergestellt, es habe jedoch
erneut Probleme mit der Regierung gegeben. Das Theater, in
dem das Ursprungsstück aufgeführt wurde, ist seit
langem verschwunden, stellt der Autor sachlich fest, ersetzt
sei es durch das Kamirithu Village Polytechnic and Adult
Classes Centre. Das Heim sei nun "eine gewöhnliche,
wenn auch ungewöhnlich aussehende Heimstätte". Beide
Plätze seien immer noch Wahrzeichen von Kamirithu ...
Der
61-jährige Professor selbst habe gegenwärtig die
Erich Maria Remarque Professor für Sprachen und Vergleichende
Literatur an der New York University (NYU) inne. Er unterrichte
ebenfalls Theaterforschung ["Performance Studies"]
und lebe mit seiner zweiten Frau Njeeri wa Ngugi und seinen
vier Kindern zusammen: Lashambi, Nducu, Mumbi-Wanjiku und
Njoki, seiner Tochter aus erster Ehe. Sieben Jahre nachdem
er →
Kenia
verlassen habe, um nach Großbritannien zu gehen, sei
er in die USA übergesiedelt und habe an verschiedenen
Universitäten unterrichtet, inklusive des Elitekollegs
der Yale University bevor er zur NYU gekommen sei. (...)
Abschließend
bemerkt der Autor: Ngugi, dessen Werke in mehr als zwanzig
Sprachen übersetzt worden seien - herausragend die Tatsache,
dass er als Einziger in Kikuyu schreibe - bedeute für
ihn immer die Stimme von Ngahika Ndeenda. "Bedauerlicherweise
ist dies die Stimme eines literarischen verlorenen Sohnes,
die zuletzt vor langer Zeit in seinem Heimatland gehört
wurde." ·
(Daily
Nation,
ÜEK:
J.K.)
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