Susanne
Ostwald schreibt in der NZZ über Gerhard Seyfrieds
Kolonialroman Herero, mit dem der Comiczeichner und
Cartoonist sich als Erzähler und Chronist des ersten
deutschen Genozids vorstellt.
Historisch
einleitend berichtet Susanne Ostwald von der Landnahme durch
die Kolonialmacht Deutschland in Südwestafrika. Als Folge
davon habe sich das Volk der Herero dagegen erhoben. Der Aufstand
kulminierte im Jahre 1904 in der Schlacht am Waterberg, die
in einem Blutbad endete. 90 % des Volkes der Herero fielen
ihm zum Oper.
"Es
ist eines der schwärzesten Kapitel der deutschen Geschichte,
und gleichzeitig eines der am stärksten verdrängten",
schreibt Susanne Ostwald und: "Gerhard Seyfried hat es mit
seinem großen historischen Roman Herero jetzt
erneut aufgeschlagen."
Seyfrieds
Buch erscheint kurz vor Beginn des in Washington D.C. beginnenden
Prozesses um eine Sammelklage, die der derzeitige Häuptling
der Herero Kuaima Isaac Riruako eingereicht hat. Entschädigungszahlungen
in einer Höhe von 4 Milliarden Dollar fordern die Nachfahren
der Überlebenden des Genozids von der deutschen Bundesregierung,
der Deutschen Bank und der Reederei Woermann, die eine Schifffahrtslinie
nach Südwestafrika betrieb ...
Dem
Roman Herero des Autors Gerhard Seyfried liegt eine
akribische historische Recherche zugrunde, die in einer "strengen
Chronologie" mündet. Der Zeichner Seyfried illustriert
das Buch mit Skizzen des Protagonisten Carl Ettmann, seines
Zeichens ebenfalls Zeichner und Kartograph.
Ettmann
trifft kurz vor Ausbruch des Kolonialkriegs in Swakopmund
ein und wird kurz darauf zum Militär eingezogen. Eine
Parallelhandlung zeigt den Herero Petrus, der versucht Teile
seines Volkes vom Aufstand abzuhalten, um die Katastrophe
zu verhindern.
Seyfried
bringt die Handlung in die Form eines Journals, das "die Umstände
geradezu physisch erlebbar" erscheinen lässt: "die sengende
Hitze, die unablässige Suche nach Wasser, die schüttere
Vegetation und das schroffe Land werden plastisch. Die beharrliche
Beschreibung der klimatischen Verhältnisse und der monotonen
Landschaft, welche zunächst redundant erscheint, lässt
tatsächlich vor dem inneren Auge ein lebendiges Bild
Südwestafrikas entstehen; die ausholende Langsamkeit
der Erzählweise trägt dazu bei ... Virtuos verwebt
er → historische Ereignisse,
Figuren und Dokumente mit Fiktivem."
Gerhard
Seyfried enthält sich "des Moralisierens und obsoleter
Verurteilungen der Greueltaten ... ohne dass dies angesichts
des Stoffes unanständig erschiene, (treten) die abenteuerlichen
Aspekte einer Erzählung in den Vordergrund, dessen Autor
als Bub Karl-May-Romane verschlungen habe".
Auch
comichafte Elemente enthalte Syfrieds Roman, schreibt Susanne
Ostwald, er habe "regionaltypische Idiome" eingesetzt und
sei sich damit treu geblieben.
Dass
der "Schriftsteller-Debütant noch etwas unbeholfen mit
dem literarischen Werkzeug" umgehe, falle "angesichts der
Qualitäten des Buches" nicht so sehr ins Gewicht: "Herero
ist ein fesselndes und erschütterndes Buch, das seine
Wirkung, auch im Zusammenhang mit der anstehenden Debatte
um den Völkermord in Südwestafrika, nicht verfehlen
wird." ·
(NZZ)
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