DIE MARABOUT-SEITE
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Chronik (1901-2019)

Zur Sozial- und Literaturgeschichte Afrikas * von innen und außen 

Tageschronik: 12. Januar 2004

 

· Die MARABOUT-SEITE zitiert aus Namibia ·  


"Keine Entschuldigung, keine Auszahlung für die Hereros"

betitelt die englischsprachige Tageszeitung The Namibian ihren Artikel zum Gedenken an den Beginn des Kampfes der Herero gegen die Deutschen vor 100 Jahren.

Petros Kuteeue, der Autor des Artikels, nimmt wie schon der Titel erkenntlich macht, eine durchweg kritische Haltung gegenüber der deutschen Position ein:

Er schreibt: "Nicht nur, dass der Deutsche Botschafter in Namibia Wolfgang Massing gestern die Forderung nach Reparationszahlungen abwies, er unterließ ebenso eine formale Entschuldigung für den Genozid." Er zitiert den Botschafter, der vor etwa 1000 Zuhörern sagte:

"Es wäre nicht gerecht, eine bestimmte ethnische Gruppe für ihr Leiden in Kolonialzeiten zu entschädigen, weil dies ethnische Spannungen verschärfen und die Politik der nationalen Versöhnung, die wir im vollen Umfang unterstützen, unterminieren könnte."

Historisch rückblickend stellt Petros Kuteeue fest: Im Januar vor einem Jahrhundert habe der Herero-"Paramount Chief" Samuel Maharero befohlen, "die Waffen zum Kampf gegen die Deutschen aufzunehmen".

Sein Nachfolger "Paramount Chief" Kuaima Riruako habe gestern erklärt, Reparationszahlungen würden "alte Wunden nicht öffnen". Sie seien ein international akzeptierter Weg, jenen Menschen zu helfen, die maßlose historische Verletzungen erlitten haben.

Eine 2 Mrd. US$-Klage wegen Versklavung und Genozids durch die Deutschen sei beim US-Bundesgericht eingereicht. Damit ziele man, so der Autor auf bestimmt deutsche Firmen ab, wie Deutsche Bank, Terex Corporation und andere. Sie hätten mit den imperialen Deutschen konspiriert, "um zwischen 1904 und 1907 etwa 65 000 Hereros auszulöschen".

Während Riruako auf die begangenen Gräueltaten hinwies, habe der Deutsche Botschafter lt. Kuteeue unablässig wiederholt, dass seine Regierung ihren historischen Verpflichtungen treu bleibe, "indem sie eine besondere Beziehung zu Namibia unterhält, das seit seiner Unabhängigkeit 500 Mio. Euro Entwicklungshilfe von Deutschland erhalten habe".

(...)

Trotz Anerkennung der dunklen Seite der Geschichte in Namibia, gebe es eine tiefe Sympathie und Verstehen für das Schicksal der Hereros unter den Deutschen. Diese Äußerung von Massing komme, so der Autor, einer Entschuldigung noch am nächsten.

Damit geht der Artikel auf die zweite Zeremonie ein, die in Windhoek von einem Ökumenischen Komitee organisiert worden war. Dort sei die Stimmung weniger emotional gewesen, hätten die Sprecher zu Einheit und Versöhnung mit ihren ehemaligen Feinden aufgerufen.

Der stellvertretende Premierminister Hendrik Witbooi habe die Notwendigkeit zur Einheit sowie zur Mobilisierung der Kräfte im Lande für den ökonomischen Kampf betont.

In der Folge zitiert der Bericht Eberhard Hitzler, den Afrikanischen Sekretär der Evangelischen Kirche in Deutschland, der Deutschlands Geschichte des vergangenen Jahrhunderts als eine beschrieb, auf die man nicht stolz sein kann: "Es war eine Geschichte des Terrors, der Kriege und des Kolonialismus in anderen Ländern ... Das ist die dunkle Seite der Geschichte, und es ist schrecklich ihr ins Antlitz zu sehen und sie anzuerkennen".

Selbstkritische Worte fand der Bischof der Evangelischen Lutheranischen Kirche der Republik Namibia, Zephania Kameeta, in seiner Predigt. Nachdem er Missstände, wie Unredlichkeit, Vetternwirtschaft des Nepotismus und Rassismus im eigenen Lande ansprach, sagte er:

"Warum behandeln wir einander unterschiedlich in einem demokratisches und unabhängigen Namibia? Bedeutet dies, dass wir nicht wirklich ehrlich sind in unserem Kampf gegen Kolonialismus, Ausbeutung und Rassismus, als wäre dies eine Sache der selektiven Moralität?" Damit, schließt der Autor seinen Bericht, forderte er seine Zuhörer heraus.
(Namibian, ÜEK: J.K.)

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Quelle:
The Namibian, Tageszeitung (Namibian)

Anmerkungen:
* inkl. arabischer Raum
ÜEK: J.K. --> Aus dem Englischen übersetzt und kommentiert: Janko Kozmus ©


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