Unter dem Titel
"36.000
des Völkermords Verdächtige freigelassen".
schreibt
James Munyaneza für die englischsprachige ruandische
Tageszeitung "The New Times" vom Versuch der juristischen
Bewältigung des Völkermords des Jahres 1994.
Gefängnisse
im gesamten Land werden an diesem Freitag, "Szenen von
Freudentränen und spektakulärer Familienvereinigung
erleben", wenn 36.000 Insassen entlassen werden. Dies
die einzige erkennbare emotionale Färbung in einem ansonsten
bemüht pragmatisch gehaltenen Bericht. Lt. Justizministerin
Edda Mukabagwiza lägen bei 7.000 der Entlassenen keine
zu verantwortenden Fälle vor.
Sie fügte jedoch hinzu, "sollten neue Beschuldigen gegen
sie vorgebracht werden, könnten sie erneut arretiert
werden".
Die
Verdächtigen - die meisten sehen sich Anschuldigungen
im Zusammenhang mit dem ruandischen Völkermord des Jahres
1994 ausgesetzt, bei dem eine Million Menschen, meist Tutsi,
umgekommen waren - kamen in den Genuss eines Präsidentschaftsdekrets
vom Januar 2003, berichtet Munyaneza für The New Times
weiter.
Der
Erlass, fährt er in sachlichem Ton fort, sah die provisorische
Entlassung jener der ca. 40.000 Verdächtigen vor, "die
gestanden und um Vergebung gebeten hatten, die krank und alt
sind und die weniger schwer belastet werden bei dem Massaker".
Jedoch zeige die jüngste Entwicklung, dass die Zahl der
Verdächtigen jenseits der 60.000 liege. (...)
Ca.
30.000 andere Verdächtigte seien vor zwei Jahren unter
demselben Erlass entlassen worden. "Mit Ausnahme der ernsthaft
Erkrankten und Alten werden sich die Verdächtigen zu
sog. Solidaritätslagern begeben, wo sie sich einem intensiven
dreimonatigen Bürger- und Versöhnungsprogramm unterziehen
werden." Die Regierung geht davon aus, dass die Verdächtigen
bedeutendes Zeugnis in ihren jeweiligen Kommunen ablegen werden,
die die laufenden →Gacaca-Gerichte
erleichtern werden. Die Gerichte, die ihre Verfahren offiziell
am 10. März 2005 begannen, seien bevollmächtigt
zu untersuchen und die Anklage zu vertreten.
Jedoch
gebe es besonders unter den Überlebenden Bedenken, stellt
James Munyaneza fest, die befürchten, dass die Entlassung
von Verdächtigen in diesem großen Rahmen sie erneut
einem Risiko aussetzen könnte. Ebenso nehme man allgemein
an, dass einige der Verdächtigen, die 2003 entlassen
wurden, verantwortlich seien für eine Monate später
stattfindende Serie von Morden an Überlebenden des Völkermords,
besonders im Kaduha Distrikt, in der Provinz Gikongoro.
Die
Gerichtsbarkeit habe auch einige Tausende des Völkermords
Verdächtige wegen Einschüchtung und Mord sowie Mordkonspiration
von Überlebenden erneut arretiert.
Laut
Generalstaatsanwalt Jean de Dieu Mucyo habe eine große
Zahl von Verdächtigen eine bedeutende Rolle bei den Gacaca-Sitzungen
gespielt, indem sie der Wahrheit zu ihrem Recht verholfen
habe. Ein Ziel der Entlassungen sei es, heißt es schließlich,
hinsichtlich der Überbelegung in →
Ruandas Gefängnissen
Abhilfe zu schaffen; bis zum Freitag nahmen diese 80.000 Insassen
auf. ·
(New Times, Rwanda, ÜEK:
J.K.)
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