»Jemens
Doppelkurs«
Mit diesem Titel überschreibt
die englischsprachige Yemen Times ihren Artikel in
der Rubrik »Unser Standpunkt«, in dem ein Zwischenfall
auf dem Kat-Markt, bei dem am 23. April dieses Jahres mehrere
Menschen getötet und weit mehr verletzt wurden, zum Anlass
genommen wird, Stellung zu beziehen zum im Lande üblichen
Tragen von Waffen sowie zum traditionellen Kat-Kauen.
Der
kürzliche Zwischenfall auf dem Kat-Markt, bei dem ein
Mann nach einem Streit eine Handgranate warf, habe dem nicht
genannten Schreiber des Kommentars den »Doppelkurs,
unter dem das Land leidet« zu Bewusstsein gebracht.
Die Massenabhängigkeit von der Katpflanze gepaart mit
dem weit verbreiteten Tragen von Waffen unter der lokalen
Zivilbevölkerung verursache tragische Zwischenfälle,
bei denen gelegentlich Menschenleben bedroht würden.
»Jedoch muss man sagen, dass das jemenitische Volk nicht
von Natur aus aggressiv ist, anderseits würde - bei der
weiten Verbreitung von Waffen und dem kurzen Arm des Gesetzes
- das Land täglich in Blut ertrinken.« Das hieße
jedoch nicht, dass nicht etwas getan werden müsse, um
solches Riskiko zu vermeiden. Die Ironie bei der Sache sei,
so der Kommentator der Yemen Times, dass es eine Reihe
von Regeln zur Kontrolle der Verbreitung von beiden gegeben
habe, die jedoch nicht durchgesetzt wurden. Überdies
praktizierten viele Jemeniten beides, obwohl sie sich verbal
gegen das Tragen von Waffen sowie das Kat-Kauen äußerten.
Dies bedeute, »es ist nicht eine Sache der Gesetzgebung
oder des Bewusstseins, es ist vielmehr eine Sache der Stärkung
des Gesetze oder des Bereitstellens einer Alternative«.
Die Jugend Jemens,
heißt es weiter, argumentiere folgendermaßen:
Könnte sie kein Kat kauen, fände ein Sozialleben
nicht mehr statt. Andere behaupteten, nichts besseres zu tun
zu haben wegen des Mangels an Unterhaltungszentren im Lande.
Und es liege auf der Hand, »dass vernünftige Menschen
- meist in Stammesgebieten - das Tragen von leichten Waffen
im
→
Jemen auf
Sicherheitsbedürfnisse zurückführten. Offenbar
glaubten sie, sich selbst verteidigen zu müssen gegen
andere, die ihrerseits das Tragen von Waffen aus dem gleichen
Grund zu brauchen glauben und so fort.
Traditionell
rühme das jemenitische Volk im Norden, fährt der
Kommentator fort, seine Männer für das Tragen einer
»Jambia«. »Die Jambia ist ein Krummdolch,
der um die Hüfte an einem verzierten Gürtel als
ein traditionelles Zeichen von Männlichkeit getragen
wird«. Junge Burschen könnten es nicht abwarten,
ihren eigenen zu erhalten, aber »wenn sie ihn dann erhalten,
sind sie nicht belehrt worden, wie sie ihn laut Verhaltenskodex
zu tragen haben«, ein Grund, warum der Gebrauch dieser
Waffe oft schief gehe. Unglücklicherweise sei das Männlichkeitskonzept
über die Jahre herabgesetzt worden, bedauert der unbekannte
Schreiber. Heutzutage trügen jemenitische Männer
die Jambia neben Gewehren oder Pistolen, ohne sich der Konsequenzen
bewusst zu sein. Nur Gesetzesregeln könnten dieses Problem
im Jemen lösen, »aber was, wenn diejenigen, die
die Gesetze ausführen, sich mit den Dingen, wie sie sind,
zufrieden geben?« Dasselbe gelte für das Kat-Kauen,
da die Mehrheit des jemenitischen Volkes, Männer wie
Frauen, es praktizierten. »Wie soll nun dieses Land
aus diesem Doppelkurs herausfinden? Und wie viele Handgranaten
müssen noch geworfen werden, bis unsere Regierung diese
Angelegenheit ernster nimmt?«
(Yemen Times,
ÜEK:
J.K.).
Anmerkungen:
*
inkl. arabischer Raum
ÜEK: J.K. --> Aus
dem Englischen Übersetzt und kommentiert: Janko Kozmus ©
Quelle:
Yemen
Times (Yemen Times), gegründet im Febr. 1991 |