DIE MARABOUT-SEITE
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Chronik (1901-2019)

Zur Sozial- und Literaturgeschichte Afrikas * von innen und außen 

Tageschronik: 14. November 2017

 

· Die MARABOUT-SEITE zitiert aus Algerien ·  


"Amin Zaoui in El Flaye: "Man muss sich vom religiösen Fanatismus befreien"

Mit diesem Titel überschreibt ein Redakteur mit dem Kürzel "Boualem B." seinen Bericht für El Watan, worin er über einen öffentlichen Auftritt des algerischen Schriftstellers und Übersetzers Amin Zaoui informiert.

"Vom toleranten und brüderlichen Islam unserer Eltern und Großeltern sind wir zu einer Religiosität von Prunk, Scharlatanerie, Hass, Unterdrückung, Anathema und Gewalt übergegangen", wird Zaoui einleitend zitiert. So habe sich der Schriftsteller und Kolumnist während der Konferenzdebatte, die er letzten Freitag in El Flaye geleitet habe, geäußert.

Eingeladen, über seine beiden Essays Un Incendie au paradis et (Ein Brand im Paradies ) und Eternel Mammeri (Ewiger Mammeri) zu sprechen, die 2016 in der Edition Tafat veröffentlicht worden seien, und von seinem neuesten Roman L’Enfant de l’œuf (Das Kind des Eies), erschienen 2017 in der Edition Barzakh, habe er sich zu verschiedenen Themen des Landes ausgelassen.

Nach Vorstellung seiner Bücher sei Zaoui - "mit der Grobheit und dem Mut, den wir von ihm kennen" - auf verschiedene andere Themen eingegangen. Er diskutierte über die Kollusion des politischen Feldes mit dem religiösen Feld, über den Status der Frauen, über den Status der in Algerien praktizierten Sprachen, den beklagenswerten Zustand der Kultur und die in Unordnung geratenen Sitten wie Heuchelei, Hass auf andere etc. Der Anblick der Wahlplakate, so Zaoui, bei denen die Fotos der Frauen durch Phantombilder, Rosen, Fragezeichen und andere Kunstsgriffe ersetzt würden, machten einen wahnsinnig.

"Das ist unzulässig ", wird Zaoui zitiert. Diese Verdinglichung der Frau sei für ihn ein klarer Hinweis auf die Regression und den Verfall der Politik. "Diese heimtückische Versteinerung unserer Gesellschaft durch Tabus aller Art ist politisch schlimmer als das schwarze Jahrzehnt", habe er ergänzt.

Nach Aufzählung der vier in Algerien verwendeten Sprachen: Berberisch, klassisches Arabisch, Darija [maghrebinisches Arabisch. J.K.] und Französisch wird er wie folgt zitiert: "Die Sprache der Regierung ist Französisch, die der Kreativität (Kino, Theater, Lied ...) ist Darija und die des Widerstands ist Berberisch". Und: "Klassisches Arabisch ist eine schöne Sprache, aber es wird als Geisel in der religiösen Zwangsjacke gehalten, die es daran hindert, sich zu entwickeln."

Für deren Förderung und Verbreitung, habe Zaoui weiter ausgeführt, müsse sie den Erben von Ibn Rushd, Al Maâri und anderen vernunftbegabten Autoren zurückgegeben werden. Die Vereinnahmung des Denkens und des sozialen Feldes durch die Religion sei für den Autor von "Der letzte Jude von Tamentit "ein Zeichen der Stagnation und nicht der Stabilität, wie gewisse Kreise glauben lassen wollten.

Die Diskussionen, die seinen Äußerungen folgten, konzentrierten sich insbesondere auf bestimmte Episoden des Lebens als Schriftsteller, auf die Rolle des Intellektuellen im Bewusstsein seines Volkes und auf die Phänomene (Emigration, Abwanderung der Intelligenz ...) legten die schlechte Regierungsführung offen.

Abgeschlossen wurde das Treffen mit einer Foto-Session und dem Widmungsverkauf des Romans Das Kind des Eies.

· (El Watan.com. Algerien, ÜFK: J.K.)

Quelle:
El Watan (französischsprachige algerische (On)Zeitung)

Anmerkungen:
* inkl. arabischer Raum
ÜFK: J.K. --> Aus dem Französischen übersetzt und kommentiert: Janko Kozmus ©

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