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Mphahlele - Kritischer Blick ...
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ES'KIA MPHAHLELE
(1919-2008)
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Literarisches Portrait: Es'kia Mphahlele

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Inhalt siehe unten

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Kritischer Blick auf das literarische und kulturpolitische Schaffen von Es'kia Mphahlele

Ezekiel Mphahlele, wie er zunächst heißt, schafft den Weg aus den Slums der südafrikanischen Hauptstadt Pretoria, wo er 1919 geboren wird, bis in die höchsten Etagen universitärer Bildung. Nach Erlangung eines Lehrer-Zertifikats unterrichtet er zunächst Englisch und Afrikaans, bildet sich gleichzeitig weiter und erwirbt einen Master of Arts (M.A.) in englischer Literatur an der University of South Africa (UNISA) und das als erster Absolvent dieser Universität "mit Auszeichnung".

Im Oktober 1953 tritt in Südafrika der Bantu Education Act[1] in Kraft, der eine qualitativ unterhalb der normalen Schulbildung angesetzte "Bantu-Erziehung" vorsieht. Als Mphahlele in Publikationen kritisch gegen dieses Gesetz Stellung bezieht - u.a. arbeitet er redaktionell für das berühmte Drum Magazine -, wird ihm das Unterrichten in Südafrika untersagt. Wirtschaftliche Not zwingt ihn in der Folge in die Emigration.

Jeweils mehrere Jahre wird Mphahlele gemeinsam mit Ehefrau und Kindern in Ländern wie Frankreich, Kenia und den USA leben. Die erste Exilstation im Jahre 1957 stellt jedoch Nigeria dar, wo Mphahlele u.a. an der Universität von Ibadan arbeitet und so namhafte Literaten wie Wole Soyinka, Chinua Achebe und Christopher Okigbo kennen lernt. Gemeinsam mit Soyinka und Ulli Beier, der es 1957 gründete, wirkt er in den Jahren 1960 bis 1964 als Herausgeber des in Ibadan publizierten, mittlerweile legendären Magazins Black Orpheus.

Die Mitarbeit am Black Orpheus bedeutet eines von zahlreichen Engagements im literarischen und darüber hinaus im bildungs- und kulturpolitischen Bereich, womit der südafrikanische Kulturschaffende im hohen Maße dazu beiträgt, den Weg zu bahnen für eine erweiterte und neu bewertete Wahrnehmung der Kultur in subsaharischen Ländern. Ebenfalls in Ibadan zählt er zu den Mitbegründern des Mbari Clubs im Jahr 1961. Neben Schriftstellern und Lyrikern - wie Wole Soyinka, John Pepper Clark und Christopher Okigbo - treten kreativ Schaffende aus den Bereichen Design, Architektur und Malerei dem Zentrum kultureller Aktivität bei. Mphahlele vertritt den Club als erster Präsident. Etwa ein Jahr später findet im ugandischen Kampala am Makarere University College die erste African Writers Conference statt, maßgeblicher Organisator: Ezekiel Mphahlele.

Parallel zu den beschriebenen Aktivitäten widmet sich Mphahlele während seines insgesamt 20-jährigen Exils seiner Arbeit als Autor und als Pädagoge. Er unterrichtet in Ländern wie Kenia und Sambia. 1968 promoviert er in den USA, an der University of Denver und lehrt ab 1974 an der University of Pennsylvania. 1977 kehrt Mphahlele in seine Heimat zurück. Der New York Times gesteht er ein, er könne die "kulturellen Ziele der Amerikaner" nicht begreifen, er fände sie "fragmentiert"[2]. Mit seiner Rückkehr ändert er seinen Vornamen in Es’kia. Erste Anlaufstelle nach der Heimkehr ist Johannesburg, wo er an der Witwatersrand-Universität lehrt; dies stellt die erste schwarze Professur im Land der Rassentrennung dar. An selbiger Universität begründet er ein Institut für afrikanische Literatur.

Eingedenk seines vielfältigen Einsatzes wird Es'kia Mphahlele in seiner Heimat Südafrika nicht allein als Schriftsteller, sondern auch als Pädagoge und Wissenschaftler sowie als Anti-Apartheidsaktivist geachtet. Der Fokus im vorliegenden Kontext ist in erster Linie auf seine Tätigkeit als Literat gerichtet, wobei es weder sinnvoll noch möglich ist, literarisches Werk und gesellschaftliches Engagement auseinanderzudividieren. Als Erzähler veröffentlicht er zunächst in Periodika wie dem Drum Magazine, wo er Kurzgeschichten publiziert.

1947 erscheint mit Man Must Live and Other Stories Mphahleles erste Buchveröffentlichung. Großen Erfolg und Übersetzungen in mehrere europäische Sprachen beschert ihm die Publikation seiner Autobiographie Down Second Avenue [2a](1959). Die Coming-of-Age-Erzählung, verknüpft mit bissiger Kritik am System der Apartheid, zählt heutzutage zu den Klassikern südafrikanischer Literatur. Mit The African Image erfolgt 1962 die Veröffentlichung einer ersten Sammlung von Essays und mit Voices in the Whirlwind and Other Essays 1971 eine zweite. Im selben Zeitraum erscheint mit The Wanderers der erste Roman. Vor dem Hintergrund des Exils wird die Hauptfigur Timi Tabane, die eindeutig autobiografische Züge trägt, den Anfechtungen der Entfremdung ausgesetzt. Von der Kritik wurde der Roman durchaus unterschiedlich bewertet, erhielt jedoch vom Periodikum African Arts/Arts d'Afrique der Universität von Kalifornien in Los Angeles eine Auszeichnung als bester afrikanischer Roman des Jahres[3]. 1984 erscheint mit Afrika My Music die zweite Autobiografie, die die Erfahrungen der Jahre 1957-1983 widerspiegelt. Es folgen weitere fiktionale Werke, aber auch kritische Schriften, die 2002 in kompilierter Form unter dem epischen Titel Es'kia: Es'kia Mphahlele on Education, African Humanism and Culture, Social Consciousness, Literary Appreciation erscheinen. Welch hoher gesellschaftlicher Stellenwert seinem literarischen Schaffen im Apartheidstaat schon früh beigemessen wird, belegt die Tatsache des Banns, womit dieses - beginnend mit der Publikation der Autobiographie Down Second Avenue - belegt wird. Offizell aufgehoben wird das Publikationsverbot, von dem im betreffenden Zeitraum lediglich das Pamphlet A Guide to Creative Writing ausgenommen ist, erst 1979.

Im Oktober 2008 stirbt Es'kia Mphahlele im Alter von 88 Jahren in Lebowakgomo in der Provinz Limpopo, Südafrika.

2017 © by Janko Kozmus

DATEN UND FAKTEN

1919
Ezekiel Mphahlele wird am 17. Dezember im Pretoria-Township Marabastad geboren.

1930er
Besuch der Sekundarschule am St. Peter’s College in Rossetenville.
Absatz Anschließend Studium am Adams College in Natal.

1940
Erwerb des Lehrerdiploms.

1945
Heirat mit Rebecca Nnana Mochedibane.

1947
Bibliografische Angabe Man Must Live and Other Stories, Kapstadt 1947.

1957
Ezekiel Mphahlele emigriert gemeinsam mit Frau und Kindern nach Nigeria.

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PRETORIA.
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1959
Bibliografische Angabe Down Second Avenue. (dt: Pretoria. Zweite Avenue; Übersetzung: Lore Krüger, (Ost-)Berlin 1961), Autobiografie. London 1959.

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1960-64
Mitherausgeber des 1957 von Ulli Beier gegründeten Magazins Black Orpheus.

1961
Umzug samt Familie nach Frankreich; zweite mehrjährige Exilstation, bis 1963.

Juli 1961
In Ibadan wird von einer Gruppe von Schriftstellern und anderen Künstlern der Mbari Club[4] gegründet. Mphahlele gehört neben den einheimischen Schriftstellern und Lyrikern Wole Soyinka, John Pepper Clark und Christopher Okigbo sowie dem Designer und Architekt Demas Nwoko, dem Maler Uche Okeke und Ulli Beier, dem Herausgeber des Literaturmagazins Black Orpheus, zu den Gründungsmitgliedern. Er wird der erste Präsident des Clubs.
Absatz Während seines Pariser Aufenthalts Publikation von:
Bibliografische Angabe The living and dead, and other stories. A special publication of Black Orpheus. Ibadan 1961.

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THE AFRICAN IMAGE
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1962
Bibliografische Angabe The African Image (Das Bild Afrikas), Essays. London 1962. - Historische Perspektive auf die südafrikanische Literatur; stellte einen Teil seiner Masterarbeit dar.

1963
Umzug samt Familie nach Kenia; dritte mehrjährige Exilstation, bis 1966.

1963-65
Gründung und Leitung von Chemchemi, einem Kulturzentrum für Künstler und Schriftsteller in Nairobi.

1965
Bibliografische Angabe The role of education and culture in developing African countries. Hrsgg. am Afro-Asian Institute for Labor Studies and Cooperation in Israel, Tel Aviv 1965.

1966
Bibliografische Angabe A Guide to Creative Writing; a short guide to short-story and novel writing (Eine Anleitung für Kreatives Schreiben; eine kurze Anleitung für das Schreiben von Kurzgeschichten und Romanen), Dar es Salaam 1966.
Absatz
Umzug samt Familie in die USA; letzte mehrjährige Exilstation, bis 1974 im mittleren Westen: Colorade, anschließend bis 1977 in Philadelphia.

1967
Bibliografische Angabe In Corner B & Other Stories (In der Ecke B & Andere Geschichten), Erzählungen. Nairobi 1967.

1966-68
Stipendium der Farfield Foundation von New York zur Promotionsvorbereitung in Englisch an der Universität von Denver, USA.

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THE WANDERERS
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1968
The Wanderers wird als bester afrikanischer Roman des Jahres durch das Periodikum African Arts/Arts d'Afrique[3] der Universität von Kalifornien, Los Angeles, ausgezeichnet.

1969
Nominierung für den Literaturnobelpreis[5].

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VOICES IN THE WHIRLWIND AND OTHER ESSAYS
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1971
Bibliografische Angabe The Wanderers, Roman. New York 1971.
Bibliografische Angabe Voices in the Whirlwind and Other Essays (Stimmen im Wirbelsturm und Andere Essays). London 1971.The wanderers.

1977
Nach zwanzigjähriger Emigration kehrt Mphahlele mit seiner Familie in seine Heimat zurück und ändert seinen Vornamen in Es'kia.

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FATHER COME HOME
ROMAN
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1979
wird der Bann gegen seine Werke in Südafrika aufgehoben. - Vgl. A Study Guide for Es'kia Mphahlele's "Mrs. Plum". Gale Group 2001.
Bibliografische Angabe Chirundu (dt: Chirundu; Übersetzung: Ulrich Wittmann. Wuppertal 1984), Roman. Johannesburg 1979.

1982
Geehrt mit der Ehrendoktorwürde[6] der University of Pennsylvania, USA.

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AFRIKA MY MUSIC
Autobiografie
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MPHAHLELE/KUMALO
MANDELA: ECHOES
OF AN ERA
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1983
Geehrt mit der Ehrendoktorwürde für Literatur der Universität von Natal, Südafrika.

1984
Bibliografische Angabe Father Come Home, Roman, Johannesburg 1984
Bibliografische Angabe Afrika My Music, Zweite Autobiografie (1957-1983), Johannesburg 1984.

1990
Bibliografische Angabe Mandela: Echoes of an Era (Echos einer Ära), gemeinsam mit Alf Kumalo und Walter Sisulu (Vorwort). London 1990.

1992
Bibliografische Angabe Perspectives on South African English literature (Perspektiven der englischsprachigen südafrikanischen Literatur). Hrsgg.: Michael Chapman, Colin Gardner, Es'kia Mphahlele. Parklands/Kapstadt 1992.

1994
Bibliografische Angabe Seasons come to pass : a poetry anthology for southern African students, Eine Lyrikanthologie für südafrikanische Studenten; Hrsgg.: Es'kia Mphahlele und Helen Moffett. Kapstadt 1994.

1999
Geehrt mit der Ehrendoktorwürde für Humanwissenschaften (Human Letters) der Universität von Denver, USA.

2002
Bibliografische Angabe Es'kia: education, African humanism & culture, social consciousness, literary appreciation (Bildung, Afrikanischer Humanismus und Kultur, soziales Bewusstsein, literarische Wertschätzung). Kapstadt 2002.

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BURY ME AT THE MARKETPLACE
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2005
Ausgezeichnet von der Nationalen Forschungsstiftung Südafrika mit dem Lifetime Achievement Award (Preis für lebenslange Leistungen),

2008
Im Oktober stirbt Es'kia Mphahlele im Alter von 88 Jahren im heimatlichen Südafrika, in Lebowakgomo in der Provinz Limpopo.

2009
Bibliografische Angabe Bury Me at the Marketplace (Begrabt mich auf dem Marktplatz). Es'kia Mphahlele and Company. Letters 1943-2006. Hrsg.: David Attwell und N. Chabani Manganyi. Posthume Veröffentlichung.

STIMME(N):

(noch nicht aufgenommen)

ANMERKUNGEN:

1) Der Begriff Bantu wird hier synonym für Natives/Eingeborene benutzt.

2) Vgl. NYT v. 31.08.2008.

2a)
Auf Initiative der Zimbabwe International Book Fair wird im Jahre 2002 eine Liste mit  "Africa's 100 best books of the 20th Century" veröffentlicht. Die Autobiographie Down Second Avenue wurde in diesen Kanon aufgenommen. Nach einem Vorschlag von Professor Ali Mazrui wurde in jahrelanger Arbeit auf internationaler Basis eine Liste erstellt. Aus 1521 Titeln wurde eine Shortlist von 500 erarbeitet. Schließlich wurden aus der veröffentlichten Liste im Februar 2002 unter dem Vorsitz des südafrikanischen Autors und Literaturwissenschaftlers Njabulo S. Ndebele die besten 100 Bücher ausgewählt.

3) Unstimmigkeit in den Quellen: Die Auszeichnung für The Wanderers als bester Roman des Jahres 1968 durch African Arts/Arts d'Afrique
erfolgt entweder für das unveröffentlichte Werk, obgleich dies aus der Verlautbarung des Periodikums nicht hervorgeht, oder aber die Deklaration als Erstedition von "Macmillan Pub Co New York 1971" ist unrichtig.- Vgl. African Arts/Arts d’Afrique, Volume 2, Issue 1-2 March 1969, S. 7.

4)
Mbari ist ein Wort aus der Sprache der Igbo (Ibo) und bedeutet Kreation/Schöpfung/Gestaltung; es bezieht sich auf die traditionellen, bemalten Lehmhäuser in dem Gebiet, die periodisch erneuert werden mussten.

5)
Die Nominierung für den Literaturnobelpreis 1969 konnte nicht einwandfrei verifiziert werden. Diese Information taucht in mehreren Internetquellen auf, könnte aber seinen Ursprung in der englischen Wikipedia haben. Die einzige Printquelle ist eine Enzyklopädie für afrikanische Studenten, Vgl. Encyclopedia a.a.O., S. 2167. Hier wird angegeben, die Nominierung sei für den Romanerstling The Wanderers erfolgt, der jedoch erst 1971 erschienen ist.

6)
Die erste von zahlreichen, auch im westlichen Ausland vergebenen Ehrendoktorwürden für Es'kia Mphahlele. Ein Anspruch für eine vollständige Auflistung auf dieser Plattform besteht nicht!

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Quellen:
Leon De Kock: Leaving the forefront of African lit, in: Mail&Guardian, South Africa vom 01.11.2008
WILLIAM GRIMES: Es’kia Mphahlele, Chronicler of Apartheid, Dies at 88, Nachruf, in: New York Times vom 31.08.2008.
Shola Adenekan: Es'kia Mphahlele. Huge figure in modern African literature, he skilfully evoked life under apartheid, in: The Guardian (online) vom 24.11.2008.
African Arts/Arts d’Afrique, Volume 2, Issue 1-2 March 1969
LIBRARY OF CONGRESS Online-Katalog.
Douglas Killam und Alicia L. Kerfoot: Student Encyclopedia of African Literatur
.
LINKS:
South African History Online zu Dr. Es'kia Mphahlele
Es'kia Mphahlele: Founding figure of modern African literature who became a powerful voice in the fight for racial equality, Nachruf von Alastair Niven, in: The Independent vom 31.10.2008.
REZENSIONEN:
(noch nicht aufgenommen)
Weitere Portraits südafrikanischer AutorInnen:
André P. Brink
J.M. Coetzee
Damon Galgut
Nadine Gordimer
Rayda Jacobs
Zakes Mda
Mike Nicol
Lewis Nkosi
Lesego Rampolokeng
Gillian Slovo
Ivan Vladislavić
Südafrikanische Themen in der  → Afrika-Chronik der Marabout-Seite:
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