"Die
Frau, die eine Regierung beschämte",
so die südafrikanische Wochenzeitung Sunday Times.
In einem Bericht v. Khadija Magardie wird die heute 80 Jahre
alte Ma' Nozolile Meltafa vorgestellt, die manch einem als
die "Erin Brockovich von Grahamstown" bekannt ist. Dieser
Ruf wurde ihr zuteil, nachdem sie sich mit der Eastern Cape-Regierung
angelegt und einen "Meilenstein-Fall" gewonnen hatte, "der
die Rechte von Zehntausenden von körperbehinderten Menschen
sicherstellte".
Seit
Jahren ist die in einer Gemeinde außerhalb von Grahamstown
lebende Ma' Nozolile Meltafa schon an die Frage gewöhnt,
ob sie die selbe Meltafa sei, die gegen die Regierung kämpfte
wie die Amerikanerin Erin Brockovich, "die sich mit einem
System anlegte, von dem sie glaubte, es hätte sie und
ihre Lieben missbraucht und ausgebeutet."
Meltafas
Kampf, so Khadija Magardie, "war zuallererst ein Kampf um
die Rechte ihrer behinderten Tochter Nombulelo". Der Kampf
ihrer Mutter habe sich gewandelt "zu einem um die Rechte von
Zehntausenden von Mittellosen, von körperbehinderten
Menschen in der Eastern Cape-Provinz. Nombulelos Name wurde
verewigt in einem Urteil des Hohen Gerichts, das die Rechte
dieser körperbehinderten Menschen, ohne die die meisten
verhungern hätten müssen, schützte".
Der
ausschmückende Bericht beschreibt die Erzählungen
von Mutter und Tochter, die sich an die Situation vor dem
Kampf erinnern. Die ca. 40 jährige Tochter habe sich
in keiner Anstellung lange halten können, da sie seit
ihrem zweiten Lebensjahr an Epilepsie leide; seit gut 20 Jahren
beziehe sie eine Invalidenrente.
Eines
Morgens im März 1998 sei Ma' Meltafa losgegangen, um
wie seit 20 Jahren die Invalidenrente für Nombulelo abzuholen.
Zu der Zeit habe Meltafa selbst noch in einer Ziegelfabrik
gearbeitet. An diesem Tag habe ihr ein Beamter gesagt, es
gebe kein Geld.
"Die
Wohlfahrtsabteilung hatte in dem Bedürfnis 'Geisterrentner'
im System auszumachen, beschlossen nicht nur Nombulelos Rente
zu streichen, sondern auch solche von Tausenden von körperbehinderten
Rentnern."
Anderen
in der Gemeindehalle sei das selbe gesagt worden. Ma' Meltafa
sei daraufhin zu Black Sash, einem Büro der lokalen
Bürgerhilfe, gegangen, um Rat einzuholen. Es hieß
all diejenigen, denen die Vergünstigung gestrichen worden
war, könnten diese neu beantragen. Hierzu musste ein
Arzt den Gesundheitszustand der Tochter erneut bestätigen,
ebenso ein Chirurg des Bezirks. Darauf folgte eine Menge Papierkram.
Nahezu ein Jahr nach Neuantrag wurde entschieden, dass Nombulelo
in der Lage wäre zu arbeiten, sie käme für
die Rente nicht in Frage.
Während
sie wartete, überlebte die Familie von Ma' Meltafas Altersrente.
Während der ganzen Zeit versprachen Bezirksvertreter,
man würde den Fall neu bewerten. Aber wiederholte Versprechungen,
die Situation zu verbessern, brachten kein Resultat.
Das
Gericht selbst bezieht sich auf das bürokratische Ping
Pong: "Die uns vorliegenden Dokumente erzählen eine erbärmliche
Geschichte der Korrespondenz, der Treffen, Anrufe, Appelle,
Eingaben, Anfragen und Bitten", lautet das Urteil.
Ma'
Meltafa wurde schließlich ans Legal Resources Centre
verwiesen. Sie nahm ihren zerknitterten Umschlag, der die
Korrespondenz enthielt, zum Treffen. Das Zentrum versprach,
Nombulelos Rente wieder zu installieren.
Diese
praktische Unterstützung half Ma' Meltafa schließlich
den Weg übers Gericht zu gehen, um die Regierung zu verklagen,
die der Tochter den Lebensunterhalt entzogen hatte. Unterstützt
durch das Zentrum in Grahamstown, brachten vier Antragssteller,
inkl. Nombulelo, Bewegung in den Kampf gegen die Wohlfahrtsabteilung
der Eastern Cape Provinzregierung.
Angestrebt
wurde die Wiedereinrichtung der gestrichenen Rente sowie die
Zahlung der angesammelten Rückstände.
Der
zweite Teil der Forderung, so der Zeitungsbericht, wurde sehr
kostspielig, da er sich auch auf Zehntausende von Eastern
Cape-Unterstützungsempfängern erstreckte, deren
Zahlungen ebenfalls gestrichen worden waren.
Die
Durchsetzung der Forderung wurde mittels Sammelklage versucht.
Ein Vorgang öffentlichen Interesses, so der Bericht.
Im
August 2001 befand das Oberste Appelationsgericht in Bloemfontein
zugunsten von Nombulela und ihrer Mitantragsteller, wodurch
das Wohlfahrtsministerium die gestrichenen Bezüge für
die Antragsteller und alle in ähnlicher Situation wieder
einsetzen musste.
Der
Bericht unterstreicht die Bedeutung der Sammelklage, die ein
relativ unbekanntes Phänomen in → Südafrika
vor 1994 war. Sie gewann an Bedeutung "wo eine Einheit einer
großen Gruppe von Klägern zusammenkam, von denen
jeder einen kleinen Anspruch hatte, den individuell zu verfolgen
unmöglich wäre".
Das
Gericht entschied, die Sammelklage würde im Besonderen
einer Gesamtschaft von Antragstellern zugute kommen, die mit
Einzelklagen keine Aussicht auf Erfolg hätten.
Die
Kritik des Gerichts am Wohlfahrtsministerium war vernichtend.
Dieses wurde beschuldigt, Zeit und Geld des Steuerzahlers
verschwendet zu haben "in einer fruchtlosen Berufung, die
keinen einsehbares Motiv hatte".
(...)
Das
Gericht nahm besonders Anstoß daran, was als "geringschätzige
Haltung der Regierung gegenüber den Antragstellern" bezeichnet
wurde, bis hin zur Verhöhnung des ersten Antragstellers,
den früheren Bergarbeiter Mzwandile Ngxuza, der seine
Unterlagen mit einem Daumenabdruck "zeichnete"; er sei als
Analphabet ja gar nicht in der Lage, solch einen schwierigen
Antrag einzureichen.
(...)
Schließlich
werden Nombulelo und ihre Mutter zitiert, die sich erinnern,
ungläubig den Scheck in Höhe von 14.000 →
Rand
für rückständige Zahlungen betrachtet zu haben,
den ihnen eines Tages die Beamten des Ministerium aushändigten.
(SundayTimes SA, ÜEK:
J.K.)
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