"Ein
Ausblick auf die häusliche Gewalt",
überschreibt Dr. Fatima
Al-Amoudi ihren Bericht für die englischspr. saudische
Tageszeitung Arab News, in dem es um häusliche Gewalt
mit traditionellem Hintergrund geht. Sie leitet ihre Betrachtung
mit der Schilderung eines kleinen Zwischenfalls ein:
Eine
saudische Krankenschwester habe einen 10-jährigen Jungen
bei der Hand und zur Seite genommen, um ihm ins Ohr zu flüstern:
"Glaubst du nicht, dass du der Mann im Haus bist?! Solltest
Du nicht Deine Schwester beschützen?" Der kleine
Junge habe mit "Ja" geantwortet, worauf sie gesagt
habe: "Warum berätst Du sie dann nicht?! Du bist
verantwortlich für sie."
Dieser
Zwischenfall ereignete sich, als ein 18-jähriges Mädchen
mit unverhülltem Kopf ihrer Mutter und ihrem jüngeren
Bruder voran zu einer Klinik gekommen sei. "Ihr rotes
Haar sagte viel über ihren rebellischen Charakter aus",
meint die Autorin, "während ihre Mutter schwach
und hilflos wirkte".
Für
die Krankenschwester, die es auf die Förderung der Tugendhaftigkeit
abgesehen habe, wäre es angebrachter gewesen, "mit
dem jungen Mädchen zu sprechen, anstatt dem Jungen falsche
Iideen von Schutztraditionen einzugeben".
Solche
verdrehte Haltungen würden in vielen Kulturen als Grundlage
dienen, in denen Familien, Jungen in dem Glauben heranzögen,
sie seien besser und klüger als ihre Schwestern. Ein
Bruder glaubt, dass es sein Recht sei, seine Schwester zu
lenken, ihre Schritte zu überwachen und sie sogar zu
schlagen - unabhängig davon, wer älter sei. Mädchen
würden zu Misstrauen erzogen, stellt Fatima Al-Amoudi
fest, während Jungen Selbstvertrauen und Überlegenheit
vermittelt werde.
In
solcher Umgebung sei Gewalttätigkeit gegen Frauen unvermeidlich.
Wer immer seine Schwester schlage, werde mit Sicherheit auch
seine Frau schlagen. Und eine Frau, die in einem Klima groß
würde, in dem ihr Bruder ihr Schicksal lenkte, gäbe
instinktiv dasselbe an ihre Kinder weiter. "Kulturelle
Hemmungen rufen in hohem Maße Gewalttätigkeit hervor."
"Gewalt
gegen Frauen ist ein internationales Phänomen" und
die Statistiken, die solches bewiesen, seien online abrufbar.
Es gäbt viele Ursachen für Gewalt gegen Frauen,
aber hier ginge es darum, dass Frauen in unserer Gesellschaft
nicht respektiert und abgewertet werden.
"Lokale
Zeitungen haben kürzlich mehr und mehr Fälle von
Gewalt gegen Frauen veröffentlicht. Es gibt Geschichten
physischen, psychologischen und sexuellen Mißbrauchs
durch Familienmitglieder und Freunde".
Yakin
Erturk, Sonderreferentin der Vereinten Nationen des Ressorts
Gewalt gegen Frauen, habe in der vergangenen Woche das Königreich
besucht und eine Anzahl von Mißbrauchsfällen an
saudischen Frauen kritisieren müssen, was internationale
Aufmerksamkeit erregt habe. Sie sei auf viele Frauen in den
Fürsorgezentren getroffen, die häuslicher Gewalt
ausgesetzt waren - einschließlich Fatima, die gewaltsam
geschieden wurde.
"Erziehung",
schreibt Fatima Al-Amoudi weiter, "ist der bestimmende
Faktor für die Behandlung der Frau durch den Mann".
Die Gesellschaft müsse sich dessen bewusst sein und dies
in die Unterrichtspläne aufnehmen. "In der gleichen
Weise wie wir junge Mädchen lehren, ihren Ehemännern
zu gehorchen und sie zu respektieren, müssen Jungen erlernen,
wie man Frauen liebevoll, nach dem vollkommenen Beispiel des
Propheten (Friede sei mit ihm) behandelt".
In
Hinsicht auf kurzfristige Lösungen erachtet Fatima Al-Amoudi
es als notwendig, eine entsprechende Hotline mit Experten
einzurichten, um missbrauchten Frauen beizustehen.
"Diese
würde zusätzlich zu den Schutzzentren in sämtlichen
Städten des Königreiches und der sofortigen Anwendung
der Shariah-Strafen an jenen, die bewiesenermaßen schuldig
sind, zur Verfügung stehen. Die Medien sollten zusätzlich
die Aufmerksamkeit auf jene lenken, die solch schreckliche
Verbrechen begingen, um "eine Botschaft an alle Gewalttätigen
zu senden, die im Königreich lauern". ·
(Arab
News, ÜEK:
J.K.)
Quelle:
Arab
News (englischspr. saudische Tageszeitung (Arab News)
Anmerkungen:
*
inkl. arabischer Raum
ÜEK:
J.K. --> Aus dem Englischen übersetzt und kommentiert:
Janko Kozmus ©
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