DIE MARABOUT-SEITE
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Chronik (1901-2019)

Zur Sozial- und Literaturgeschichte Afrikas * von innen und außen 

Tageschronik: 19. August 2009

 

Die MARABOUT-SEITE zitiert aus Botsuana ·  


"Autoren enttäuscht wegen präsidentaler Brüskierung",

überschreibt Gasebalwe Seretse seinen Bericht über die mangelnde Förderung der Schriftsteller des Landes in der Online-Ausgabe der botsuanischen Tageszeitung Mmegi.

Während die Regierung Botsuanas ebenso wie Unternehmen große Summen für verschiedene Kunstdisziplinen buchstäblich verpulverten, bleibe das schwarze Schaf der Familie, die literarische Kunst, draußen vor.

Kürzlich seien darstellende und bildende Künstler vom Präsidenten Ian Khama selbst regelrecht vollgesülzt worden, als er ihnen Dutzende von Preisen am Tag des Kulturerbes zuerkannte, während Schriftsteller mit einer vergleichsweise schwachen Preiszeremonie im Nationalmuseum abgespeist worden seien. Jüngst sei angekündigt worden, der Präsident werde Musiker am Unabhängigkeitstag ehren und Mascom Botswana, ein lokaler Telekommunikationsanbieter, enthüllte eine → 750.000 P-Förderung für die jährilichen Preisverleihungen der Botswana Musicians Union (BOMU).
Man habe mit zwei der führenden Vertretern der literarischen Welt des Landes über den Status quo gesprochen, mit
Lauri Kubuitsile, einer preisgekrönten Autorin und Vorsitzenden der Schrifstellervereinigung Botsuanas (Writers' Association of Botswana, WABO) sowie mit Tom Holzinger von der Bessie Head-Stiftung (Bessie Head Heritage Trust, BHHT). Die beiden Autoren zeigten sich besonders darüber enttäuscht, dass die Regierung nicht einen einzigen Schriftsteller anlässlich des Unabhängigkeitstages ehren werde.

„Schriftsteller werden ignoriert, besonders was ihr gänzliches Fehlen bei den Preisverleihungen im Juli (Tag des Kulturerbes) angeht. Ich denke, das Problem beginnt bereits bei der einschränkenden Form der Definition von Kultur. Kultur ist nicht historisch, eine Art Ereignis, das man heutzutage hervorholt und konserviert, sondern sie ist Teil der Gegenwart, sie ist dynamisch und wächst. Während ich spreche, wird Botsuanas Kultur neu definiert, während dies gedruckt wird, wird sie sich erneut verändern. Wir müssen unsere Köpfe aufbrechen und frische Luft hinein lassen“, sagte die freimütige Kubuitsile.
Der in Serowe ansässige Holzinger, der mit der verstorbenen berühmten Autorin Bessie Head befreundet war, habe sich ebenfalls „wenig diplomatisch“ in der Sache geäußert:„Ich denke, es gibt verschiedene Gründe für diesen Zustand. Lassen Sie uns bei der Beantwortung die Frage den historischen und geografischen Kontext betrachten. Zunächst einmal: Keine Regierung des Protektorats Bechuanaland oder von Botsuana hat je einen Schriftsteller geehrt, geschweige denn einen lebenden. Sie mögen die Liste der präsidialen Preisempfänger seit Einführung der Preisverleihungen durchsehen. Daher glaube ich, dass es weder einen Präzedenzfall oder eine Tradition gibt, Schriftsteller zu ehren, weder lebende noch tote, eine solche Ehrung würde einer Innovation gleichkommen.
Zweitens: Blicken wir auf andere Regierungen der Welt, sehen wir, dass noch lebende Schriftsteller selten geehrt werden (verglichen mit den meisten anderen kreativen Anwärtern). Betrachtet man die prestigeträchtigsten Autorenpreise der Gegenwart wird die bei weitem große Mehrzahl von ihnen von Vereinigungen oder Stiftungen oder Trusts oder, seltener, von Unternehmen verliehen.Deshalb müssen wir den Schluss ziehen, dass die Situation in Botsuana sich nicht so sehr von der in anderen Ländern unterscheidet. Ein Unterschied mag sein, dass viele Länder ihre Schriftsteller und andere Künstler nach ihrem Tode ehren, und ich bin nicht sicher, ob Botsuana mit dieser Praxis begonnen hat, mit der Ausnahme vielleicht von Gedenkbriefmarken“, wird Holzinger ausführlich zitiert.

Kubuitsile wie auch Holzinger glaubten, schreibt Gasebalwe Seretse, dass die international geachtete Schriftstellerin Bessie Head posthum geehrt werden sollte, da ihr Einfluss sowohl von nationaler wie auch internationaler Bedeutung sei. Lauri Kubuitsile sei der Meinung, dass auch der schottische Autor Alexander McCall-Smith geehrt werden sollte, da er Botsuana auf die literarische Weltkarte eingeschrieben und über den British Council einige Schriftstellerpreise gesponsert habe.„Was die Sachbücher angeht, haben wir einige ausgezeichnete hostorische Werke, und wir haben verschiedene Journalisten, die regelmäßig ein hohes Niveau im Denken sowie im Ausdruck erreichen. Auch Barolong Seboni verdient es, geehrt zu werden für seine Jahre langen Bemühungen, das Schreiben in all seinen Spielformen in diesem Lande zu fördern“, wird Holzinger zitiert.

Die beiden Autoren sagten, heißt es in dem Artikel weiter, dass die Zukunft der Schriftsteller in diesem Land nicht so schwarz gemalt werden sollte, weil es Organisationen gebe wie die Besie Head Stiftung (Bessie Head Heritage Trust), den British Council, Books Botswana (Buchladen der Universität von Botsuana) und die Schriftstellervereinigung von Botsuana, die ihren Beitrag dazu leisteten, die literarischen Künste zu fördern, obwohl mehr getan werden müsse.

Abschließend wird ohne jeden Kommentar noch einmal die Schriftstellerin Lauri Kubuitsile zitiert:„Bücher, Lesen und Schreiben sind einer kleinen Minderheit in Botsuana gegeben. Gegenwärtig gibt es keinen Ort, wo ein aufstrebender Schrifsteller geschult werden kann. Die Universität von Botsuana besitzt keine Programme für Creative Writing – man stelle sich das vor! Das Kunstkolleg in Phikwe scheint auch stillschweigend eingegangen zu sein. Schrifsteller sind auf sich gestellt, voneinander isoliert und ohne Führung. Natürlich entwickeln sich unsere Schriftsteller nicht weiter – wie könnten sie auch?Ich helfe gegenwärtig in der Bessie Head Stiftung aus, einen Workshop zu organisieren, in dem Schriftsteller über die Grundlagen des Verlagswesens unterrichtet werden, aber man kämpft mit der Finanzierung – lumpige 8.000 P oder so. Schriftsteller rufen mich an oder mailen mir immerzu, um sich zu informieren, wie sie es anstellen sollen, veröffentlicht zu werden. Botsuaner sind auf diesem Gebiet sehr naiv und das ist ein fruchtbarer Boden für Ausbeutung. Sie wissen nichts, weil es keinen Ort gibt, um die Schriftsteller zu schulen, solche Workshops sind so wichtig für die Entwicklung unserer Schriftsteller.“. · (MmegiBots, ÜEK: J.K.)

Quelle:
Mmegi, unabhängige, englischspr. Tageszeitung aus Botsuana (MmegiBots)

Anmerkungen:
* inkl. arabischer Raum
ÜEK: J.K. --> Aus dem Englischen übersetzt und kommentiert: Janko Kozmus ©


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