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ASSIA
DJEBAR
(1936
- 2015) |
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Literarisches
Portrait: Assia Djebar
1936
Am 30. Juni wird Assia Djebar als Fatma-Zohra Imalayen in der algerischen
Hafenstadt Cherchell geboren.
1940er
Besuch der Kornschule sowie der französischen Grundschule, an
der ihr Vater unterrichtet.
1946-52
Besuch des Gymnasiums in Blida.
1955
Fatma-Zohra Imalayen abbsolviert erfolgreich die Aufnahmeprüfung
für die Eliteschule in Sèvres, einem Pariser Vorort, und
wird als erste Algerierin aufgenommen.
1956
Beteiligung am Streik algerischer Studenten in Paris aus Solidarität
mit dem 1954 begonnenen Freiheitskampf ihrer Heimat. Während
dieser Zeit Arbeit am Manuskript von La Soif, das sie innerhalb
von 2 Monaten beendet.
1957
Erste Veröffentlichung eines Romans unter dem Pseudonym Assia
Djebar [*]:
La Soif (dt: Die Zweifelnden. Übersetzung: Rudolf
Kimmig, München 1993 u. unter dem Titel Durst, Zürich
2001, mit einem Nachwort v. Clarisse Zimra), Roman. Paris. - Im Mittelpunkt
des Romans steht die 20-jährige Nadia. Die Ich-Erzählerin
ist die Tochter eines Algeriers und einer Französin; sie beschreibt
genüßlich - neu in der alger. Literatur - körperliche
Freuden.
1958
Les Impatients (dt: Die Ungeduldigen. Übersetzung:
Wilhelm Maria Lüsberg. Bern, Stuttgart, Wien 1959, Bern, München
Wien 1991 u. Zürich 2000), Roman, Paris. - Wieder steht mit Dalila
eine Frau im Mittelpunkt, deren psychologische u. körperliche
Befindlichkeit v. der Autorin einfühlsam u. vielschichtig beschrieben
wird.
Heirat
mit dem im Widerstand kämpfenden Ahmed Ould-Rouïs alias Walid
Garn; gemeinsam ins Exil nach Tunis, wo sie ihr Studium beendet und
als Journalistin arbeitet.
1959
Berufung als Assistentin für Geschichte an die Universität
von Rabat in Marokko.
1962
Les Enfants du nouveau monde (Die Kinder der Neuen Welt), Roman,
Paris 1962 u. 1978.
Verleihung
des Literaturpreises von L'Algérienne für La
Soif (dt: Die Zweifelnden u. Durst).
Mit
der algerischen Unabhängigkeit Rückkehr nach Algier; Lehrtätigkeit
in nordafrikanischer Geschichte an der Universität sowie publizistische
Arbeit bei Zeitschriften u. Rundfunk.
1965
lässt sich Assia Djebar mit ihren beiden adoptierten Kindern
in Paris nieder[1].
1967
Les Alouettes naïves (Die naiven Lerchen), Roman. Paris 1967,
1978 u. 1997.
1969
Poèmes pour l'Algérie heureuse (Gedichte für
ein glückliches Algerien).
Algier.
Rouge
l'aube (Rote Morgendämmerung), Drama, zusammen mit Walid
Garn. Algier. Uraufführung in arabischer Übersetzung und
szenischer Adaption v. Walid Garn beim 1. Panafrikanischem Kulturfestival
im Juli.
1973
Regiearbeit in der eigenen Adaption von Tom Eyens Theaterstück
über Marilyn Monroe: The White Whore and the Bit Player.
1974
Rückkehr nach Algier; Lehrtätigkeit an der Universität
in Theaterwissenschaften.
1975
Scheidung
v Walid Garn.
1977
Beginn der Arbeit als Filmregiesseurin.
1978
La Nouba des femmes du Mont Chenoua (Die Nouba der Frauen vom
Berg Chenoua), Buch und Regie: Assia Djebar. Algerien.
1979
Assia Djebar wird für den Film La Nouba des femmes du Mont
Chenoua mit dem Preis der Internationalen Kritik bei der Biennale
in Venedig ausgezeichnet.
1980
Femmes d'Alger dans leur appartement (dt: Die Frauen von Algier.
Übersetzung: Alexandra von Reinhardt, Nachwort v. Clarisse Zimra
MÜnchen 1994; Zürich 1999), Erzählungen. Paris 1980
u. 1995. - Der Titel dieser Erzählungssammlung der Jahre 1958-78
ist dem gleichnamigen Bild des frz. Malers Delacroix entlehnt, der
in den 30er Jahren des 19. Jh's. eine Reise nach → Algerien
unternahm und nach vielen Skizzen das berühmt gewordene Bild
malte. Assia Djebar bezieht sich nicht nur im Titel, sondern
auch in einem beigefügten Essay - Verbotener Blick, abgerissener
Ton - darauf.
Heirat
mit dem algerischen Dichter Malek Alloula.
1982
La Zerda et les chants de l'oubli (Zerda und die Gesänge
des Vergessens), Buch und Regie: Assia Djebar. Algerien.
1983
Sonderpreis
der Berlinale für den besten historischen Film La Zerda et
les chants de l'oubli.
1985
L'Amour, la fantasia[2]
(dt: Fantasia. Übersetzung: Inge M. Artl, Zürich
1990 u. Zürich 1993), Roman. Paris 1985, 1995 u. 2001. Algerische
Tetralogie, 1. Teil [3].
- "Die Kindheit einer Frau verschmilzt mit dem Bericht des ersten
Algerischen Krieges (1830-1871), verbindet sich dann mit den der jüngsten
Vergangenheit entrissenen Erinnerungen von Landfrauen und Witwen,
die mit Scham und Demut vom Befreiungskrieg erzählen." (Tahar
Ben Jelloun, Le Monde des Livres, Mai 1985)
1986
Am 30. Juni wird Assia Djebar 50 Jahre alt.
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DIE
SCHATTENKÖNIGIN
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1987
L'Ombre sultane (dt: Die Schattenkönigin. Übersetzung
u. Nachwort: Inge M. Artl Zürich 1988, Zürich 1991.), Roman.
Paris. Algerische Tetralogie, 2. Teil.
1989
LiBeraturpreis des Ökumenischen Zentrums Frankfurt für Die
Schattenkönigin.
1990
Jurorin beim Neustadt-Literaturpreis der University of Oklahoma.
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FERN
VON MEDINA
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1991
Loin de Médine. Filles d'Ismaël (dt: Fern von Medina.
Übersetzung: Hans Thill Zürich 1994 u. Zürich 1997),
Roman. Paris 1991 u. 1995. Algerische Tetralogie, 3. Teil.
- Im Jahre 632 ist der Prophet Mohammed in Medina gestorben. Assia
Djebar berichtet von dieser Zeit, den Anfängen des Islam, vom
Propheten und seinen verschiedenen Frauen, allesamt starke Persönlichkeiten.
1993
Chronique d'un été algérien. Ici et là-bas.
(Chronik eines algerischen Sommers. Hier und da.), Foto- u. Textbuch.
Fotografien v. H. de Wurstenberger, J. Vink, C. Doury & P. Zachmann,
Text: Assia Djebar, S. 11-36. Paris 1993.
1995
Vaste est la prison (dt: Weit ist mein Gefängnis.
Übersetzung: Hans Thill, Zürich 1997; Zürich 2001),
Roman. Paris. Algerische Tetralogie, 4 Teil.
Maurice-Maeterlinck-Preis für Vaste est la prison.
Assia Djebar wird die Ehrendoktorwürde der Universität Wien
verliehen.
1996
Am
30. Juni wird Assia Djebar 60 Jahre alt.
Le
Blanc de l'Algérie (dt: Weißes Algerien. Übersetzung:
Hans Thill, Zürich 1996 u. Zürich 2000), Roman. Paris. -
Auseinandersetzung mit dem Tod vieler Intellektueller, die in den
algerischen Unruhen seit 1990 ermordet worden sind, damit auch erstmalige
direkte Einmischung ins politische Geschehen ihrer Heimat; aber auch
Gedenken an früher verstorbene alger. Schriftsteller. Dem Weißen
Algerien - Weiß als Farbe des Schweigens und des Todes - wird
die Erinnerung entgegengesetzt.
Neustadt-Literaturpreis
der University of Oklahoma [4]
für das Gesamtwerk.
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ÔRAN
- ALGERISCHE NACHT
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1997
Oran, langue morte (dt: Oran - Algerische Nacht. Übersetzung:
Beate Thill, Zürich 2001), Roman. Paris.
Les Nuits de Strasbourg (dt: Nächte in Straßburg.
Übersetzung: Beate Thill, Zürich 1999), Roman. Arles.- Die
Kunsthistorikerin Thelja verbringt neun Nächte mit ihrem wesentlich
älteren Geliebten in Straßburg. Gleichzeitig schreibt sie
über ein verlorenes Manuskript der Äbtissin Herrad von Straßburg.
Die sinnliche Beschreibung der Liebesnächte steht neben kunstvoll
eingewobenen Geschichten zahlreicher anderer Paare, die sich finden
und trennen.
Verleihung des us-amerikanischen Fonlon-Nichols Award[5]
für das Gesamtwerk.
Marguerite-Yourcenar-Preis für Oran, langue morte.
Beginn der Professur für französische und frankophone Studien
an der Louisiana State University.
1998
Literaturpreis
der Stadt Palmi für das Gesamtwerk.
La fievre dans la ville (dt: Das Fieber in der Stadt; aus
Oran - Algerische Nacht; Übersetzung: Beate Thill), Hörspiel,
HR[6]
1998
1999
Ces Voix qui m'assiègent ... en marge de ma francophonie
(Diese Stimmen, die mich belagern ... am Rande meiner Frankophonie),
Essays. Paris.
Verleihung
der Medaille der Frankophonie der Académie Française (Médaille
de Vermeil de la francophonie).
Beginn
der Mitgliedschaft in der Königlichen Belgischen Akademie für
französische Sprache und Literatur.
2000
wird Assia Djebar der Friedenspreises des Deutschen Buchhandels[7]
für das Gesamtwerk verliehen.
2001
Wechsel von der Louisiana State University an die New York
University, wo Assia Djebar eine Professur innehat.
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FRAU
OHNE BEGRÄBNIS
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2002
La femme sans sépulture (dt: Frau
ohne Begräbnis, Übersetzung: Beate Thill, Zürich
2003), Roman. - Spurensuche und Gedächtnisarbeit; verschiedene
Frauen verknüpfen Bruchstücke ihrer Erinnerung an ihre Mutter
und Freundin, die algerischen Freiheitsheldin Zoulikha,
zu einem beeindruckenden Bild.
Friedenspreis des deutschen Buchhandels 2000. Ansprachen aus Anlass
der Verleihung. Ffm 2002.
2003
La Disparition de la langue française (dt: Das verlorene Wort,
Übersetzung: Beate Thill, Zürich 2004; Taschenbuchausgabe:
Zürich 2006), Roman. - Im Mittelpunkt steht ein Mann, der nach
zwanzig Jahren in Frankreich kurz vor den folgenschweren Wahlen[8]
im Jahr 1991 in seine algerische Heimat zurückkehrt. Berkane
zieht sich auf's Land zurück, besinnt sich, schreibt einen Roman
und führt Tagebuch. Doch erst nach einem amorösen Abenteuer
sieht er seine Kindheitserinnerungen heraufsteigen und mit ihnen die
Sprache seiner Mutter, und das Französische verschwindet.
Au théâtre, au cinéma, au féminin, gemeinsam
mit Ariane Mnouchkine, Daniel Mesguich, Mireille Calle-Gruber, Hélène
Cixous. Paris 2003.
2004
Beim zehnten Literaturfestival Dedica[9]
in Italien wird Assia Djebar für ihr Gesamtwerk und für
"ihren Kampf für die Meinungsfreiheit der islamischen Frau
sowie gegen religiösen Fanatismus" geehrt.
2005
Im Juni wird Assia Djebar als erste Persönlichkeit Nordafrikas
von den 40 "Unsterblichen" in die Academie francaise
gewählt.
Im selben Monat wird ihr die Ehrendoktorwürde des Fachbereichs
Sprach- und Literaturwissenschaft der Universität Osnabrück
verliehen.
In Italien wird Assia Djebar der Internationale Literaturpries Pablo
Neruda verliehen. Die Auszeichnung ehrt das Gesamtwerk und das Engagement
für die Verteidigung der Freiheit, der Demokratie und der Frauenrechte.
2006
Ausgezeichnet mit dem italienischen Literaturpreis Prix international
Grinzane Cavour pour la lecture.
2007
Nulle part dans la maison de mon père (dt: Nirgendwo
im Haus meines Vaters. Ffm 2009), Autobiografische Erzählung.
Paris 2007. - Fatima steht mit ihren Aufzeichnungen aus den Jahren
1936 und 1953 im Mittelpunkt dieses Werks. Hin- und hergerissen zwischen
einer modernen, selbstbewussten, westlich orientierten Mutter und
einem traditionell arabisch denkenden, kontrollierenden Vater strebt
sie unausweichlich dem scheinbar einzigen Ausweg aus ihren Zwängen
zu.
Am
1.-2. Juni findet an der Berliner Akademie der Künste eine Diskussion
zum Thema "Perspektive Europa" statt, an der u.a. Assia Djebar teilnimmt.
[10]
2009
Im September ist Assia Djebar zu Gast beim 9. internationalen
literaturfestival berlin; vorgestellt wird ihr autobiografisches
Werk Nirgends im Haus meines Vaters (Nulle part dans la
maison de mon père).
2015
Am 6. Februar stirbt Assia Djebar in einem Krankenhaus in Paris. Sie
ist 78 Jahre alt geworden.
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