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Rezension:
→ Nuruddin
Farah - Bruder Zwilling
Die Intrigen der Mächtigen
Nuruddin Farahs Roman Bruder Zwilling Von Manfred Loimeier (©) Zwar schrieb der somalische Autor Nuruddin Farah seinen Roman Bruder Zwilling schon 1979, aber leider hat dieses Buch, das am Anfang einer Trilogie über afrikanische Diktaturen steht, nichts von seiner Aktualität eingebüßt. Es überrascht daher nicht, dass es der kleine Münchner Frederking & Thaler Verlag jetzt übersetzen ließ* - und zwar neu übersetzen ließ, denn bereits 1980 war es unter dem Titel Staatseigentum in deutscher Sprache erschienen. Damals blieb das Buch in der Nische der entwicklungspolitischen Verlage allerdings unbemerkt. Über sechs Tage erstreckt sich die Handlung des Romans Bruder Zwilling: Ein Politiker namens Soyaan stirbt einen seltsamen Tod, der zu Gerüchten von einer Intrige hinter den Kulissen der Regierungsmacht führt. Soyaans Zwillingsbruder Loyaan, ein Zahnarzt, beginnt zu recherchieren und stößt auf allerlei Merkwürdigkeiten: Warum wird Soyaans und Loyaans aus dem Staatsdienst entlassener Vater wieder eingestellt, befördert und mit einer stattlichen Gratifikation entschädigt? Was ist das für ein Memorandum, an dem Soyaan bis zu seinem Tod gearbeitet haben soll und nach dem nicht nur ein obskurer Minister fragt? Loyaan verstrickt sich bei seinen Nachforschungen in ein engmaschiges Geflecht aus Mutmaßungen, Fehlinformationen und verschieden interpretierbaren Fakten. Dabei wird das System einer Politik erkennbar, die um jeden Preis nach Machterhalt strebt. Hinter allem steht die nicht greifbare Figur des Generals, die unverkennbar an den früheren somalischen Diktator Siad Barre erinnert. Loyaans Ermittlungen geraten auch ihm selbst zum Verhängnis. Der Staatssicherheitsdienst verhört ihn und fordert ihn zum Verlassen des Landes auf. Um Aufheben zu vermeiden, deklariert man Loyaans Ausweisung als offiziellen Auftrag: Loyaan wird zum Rechtsberater am Konsulat in Belgrad ernannt und soll Somalia mit einem Flugzeug Richtung Moskau verlassen. Zum Schluss des Romans symbolisiert eine Beerdigungsszene, in der ein brutaler Fleischer genussvoll Ziegen schlachtet, das Ende der politischen Hoffnungen Loyaans. Bruder Zwilling enthält alle Elemente, die Farahs Romane lesenswert machen: die anschauliche Verknüpfung einer Familienangelegenheit mit der Staatspolitik, die Facetten eines Eltern-Kind-Konflikts, starke Frauenfiguren, die subtil vereinnahmende Kraft der Erotik, eine assoziativ-poetische Sprache und die Bezugnahme auf die so genannte Oratur Somalias. Das sind mündlich überlieferte Legenden, Geschichten und Sprichworte. Farahs gesamtes Werk ist durchdrungen von derlei Parabeln und Fabeln. Es überrascht daher nicht, dass Prolog und jedes der vierzehn Kapitel dieses in drei Teile gegliederten Romans Bruder Zwilling mit einer Allegorie einsetzen. Damit typisiert Farah das folgende Kapitel, er gibt den Tonfall vor: bedrängt, aufrührerisch, aussichtslos. Stilistisch enthält Bruder Zwilling Elemente einer Polit-Reportage sowie eines Kriminalromans. Die Handlung des Buchs verläuft ohne Rückblenden geradlinig aus einer einzigen Erzähl-Perspektive und wird von Farah weitgehend ohne die von ihm sonst geliebten inneren Monologe seiner Figuren erzählt. Damit fällt die Lektüre von Bruder Zwilling überaus leicht, zumal sich Farah überdies mit ausholenden Kommentaren und dozierenden Stellungnahmen zur Weltpolitik ungewöhnlich zurückhält.
Nuruddin
Farah: Bruder Zwilling. Frederking & Thaler Verlag, 288 Seiten. (Originaltitel: Sweet and Sour Milk) |
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