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Rezension: → Amma Darko - Die Gesichtslosen

Ein Leben auf der Straße

Die ghanaische Autorin Amma Darko veröffentlicht einen neuen Roman *

Von Manfred Loimeier (©)

Sie gehört zu den wenigen Autorinnen aus Afrika, die hier zu Lande gern gelesen werden: Amma Darko aus Ghana. Ihre relative Popularität beruht dabei auf dreierlei Qualitäten: Erstens erfüllte die heute 47-jährige Darko mit ihren Romanen Der verkaufte Traum und Spinnweben die Anforderungen der Frauenliteratur, indem die studierte Soziologin ihre Jahre in Deutschland als Putzfrau, Kellnerin und als 1991 schließlich abgewiesene Asylantragstellerin voller Betroffenheit und Mitleidsappellen schilderte. Zweitens pflegt die Autorin mit häufigen Lesereisen die Beziehung zu ihrer deutschen Leserschaft, die der dreifachen Mutter erst recht die Treue bewies, als die in Accra lebende Schriftstellerin vor drei Jahren in Sassnitz auf Rügen von Rechtsradikalen bedroht wurde, aber unerschrocken ihren weiteren Terminverpflichtungen nachkam.

Drittens hat sich im Lauf der Zeit, von Buch zu Buch, Amma Darkos Stil deutlich verbessert, so dass ihre weiteren Werke wie der Erzählungsband Das Hausmädchen oder der Roman Verirrtes Herz durchaus lesbar gerieten und einer unterhaltsamen Populärliteratur zuzurechnen sind. Je mehr sich Darko in ihrem Schreiben von ihrer eigenen Biografie entfernte und dabei ihr Augenmerk auf die Situation der Frauen in ihrer Heimat richtete, desto gewitzter und lockerer, desto souveräner und distanzierter, keinesfalls aber teilnahmsloser wurde ihr Stil. Im Jahr 2000 erhielt Darko dafür den Ghana Book Award.

Für diese Entwicklung gibt Darkos neues Buch Die Gesichtslosen ein anschauliches Beispiel. Einerseits widmet sich die Autorin darin den Straßenkindern in Ghanas Hauptstadt Accra, andererseits packt sie deren Schicksal in eine muntere Handlung, in deren Mittelpunkt Kabria, die Mutter von drei Kindern, steht.

Mit Kabrias Augen blickt der deutsche Leser auf einen wenig erfreulichen Aspekt der ghanaischen Realität, erfährt aber doch auch von Fraueninitiativen zum Wohl der Straßenkinder, so dass diese Geschichte um einen merkwürdigen Todesfall nicht die Opferrolle der verwahrlosten Kinder zementiert, sondern ihnen zumindest den Hauch einer Perspektive bietet.

Darkos Stil erinnert dabei an den populären Tonfall nigerianischer Bestsellerautorinnen wie Buchi Emecheta, deren Werk in Deutschland ebenfalls vergleichsweise umfangreich vorliegt. Wie Emecheta konzentriert sich Darko auf weibliche Figuren, unterwirft sie sie einem harten Alltag und lässt sie schier unüberwindbar große Schwierigkeiten meistern. Während Emechetas Werke aber von einer gewissen Tragik umwölkt sind, bedient sich Darko eines keck frotzelnden Tonfalls. Schnelle, neckische Wortwechsel prägen die Dialoge, und zu Gunsten des flotten Erzähltempos nimmt der Leser mit Darko wohl oder übel auch manches klischeehafte Bild und einige wirklich schon abgegriffene Formulierungen in Kauf.

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Doch der Erfolg rechtfertigt die Mittel, und für diesen Erfolg steht auch, dass Darkos Bücher zu allererst in der deutschen Übersetzung durch Anita Jörges-Djafari veröffentlicht werden. Die treue Leserschaft, die sich Darko mit ihren Büchern in Deutschland erwarb, dürfte auch dem Roman Die Gesichtslosen erwartungsvoll entgegenblicken - und wird sich sicherlich nicht enttäuscht sehen.

Amma Darko: Die Gesichtslosen, Roman. Aus dem Englischen von Anita Jörges-Djafari. Schmetterling Verlag, 185 Seiten, gebunden, 16,80 Euro.

* verfasst 2002
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