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Rezension: Leila Aboulela - Der Seele Raum geben

Anrührende Versöhnlichkeit

Leila Aboulelas Erzählungen spielen an der Schnittstelle der Kulturen

Von Manfred Loimeier (©)

Für ihren ersten Roman Die Übersetzerin hatte die sudanesische Schriftstellerin Leila Aboulela auch hier zu Lande beste Besprechungen erhalten, und entsprechend hoch waren die Erwartungen an diese Sammlung ihrer - zum Teil in diversen Zeitschriften bereits publizierten - Erzählungen. Die sanfte, ruhige Sprache Aboulelas, der poetische Rhythmus ihrer Prosa, eine distanzierte Unaufgeregtheit in ihrer Erzählerhaltung und ein treffender Blick für aussagekräftige Details tragen dazu bei, dass dieser Band mit dem Titel Der Seele Raum geben jegliche Erwartungen noch übertrifft.

Die 39-jährige Aboulela, die in London Statistik studierte und von dort mit ihrer Familie vor zwei Jahren nach Indonesien zog, konzentriert sich thematisch unverändert auf die Begegnung der Kulturen, wobei das Aufeinandertreffen vor allem der afrikanischen und der europäischen Mentalitäten nur ein Beispiel für viele vorstellbare Konstellationen gibt. Ohne Vorwurf, ohne Verurteilung oder bevormundende Parteinahme schildert Aboulela anhand alltäglicher Situationen und Vorfälle, wie Irritationen und Missverständnisse das Leben ihrer Protagonisten prägen, wie mühselig der Weg zueinander ist und wie schnell persönlicher Unwillen und eigentlich belanglose Beschwerlichkeiten als weitere abschreckende Hürden auf diesem Pfad der Begegnung hinzukommen.

Ob Aboulela nun über das Schweinefleischtabu unter Muslimen schreibt oder über das Alkoholverbot, über einen erschütternd banalen und gerade deshalb besonders ergreifenden Todesfall, oder über die verborgen herablassende Haltung ehrenamtlicher Helfer - letztlich spricht aus Aboulelas Zeilen eine anrührende Versöhnlichkeit, ein auf Ausgleich bedachtes, umsichtiges, vielleicht akzeptierendes, aber nie entschuldigendes Verstehen, so dass man diesen Band erstaunt beiseite legt, erstaunt über die tiefgründige Bedeutsamkeit, die diesen zumeist kurzen, aber gewichtigen Erzählungen zukommt. Lediglich die beiden letzten Beiträge, eine Vision aus der Zukunft und eine märchenhafte Parabel, passen nicht zu dem Tonfall der übrigen neun Erzählungen aus der Gegenwart, wirken wie Stilübungen der Autorin, mindern aber kaum den überaus positiven Gesamteindruck von Aboulelas Erzählstücken.

Leila Aboulela: Der Seele Raum geben. Erzählungen. Aus dem Englischen von Jutta Himmelreich. Lamuv Verlag. 190 Seiten, Broschur, 9,90 Euro.

* Die Rezension wurde im Jahr 2002 verfasst, für die Marabout-Seite übernommen 12/2003.

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