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2.
Januar |
1996 |
Im
Alter von 72 Jahren stirbt die ghanaische Dramatikerin Efua
Theodora Sutherland, geborene Morgue.
Nach Abschluss der Schulbildung in ihrer Heimat studierte sie
in Cambridge und London und kehrte 1951 nach
→ Ghana
zurück, wo sie sich dem experimentellen Theater zuwandte.
Sie gründete Theatergruppen und Schreibwerkstätten
und schrieb zahlreiche Stücke. In den 80er Jahren arbeitete
sie als Beraterin für Jerry Rawlings, den neuen Präsidenten,
der sich an die Macht geputscht hatte, um der Korruption im
Lande Einhalt zu gebieten und leitete verschiedene sozialistische
Reformen ein. |
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3.
März |
1996 |
Publikation
des Briefromans Zenzele. A Letter for My Daughter von
J. Nozipo Maraire
In der New York Times stellt Penelope Lively den Briefroman
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J.
Nozipo Maraire
Zenzele. A Letter... |
Zenzele.
A Letter for My Daughter der 1966 im rhodesischen Salisbury
[heute:Harare/ → Simbabwe]
geborenen J. Nozipo Maraire vor. In dem in New York
veröffentlichten Roman schreibt eine simbabwische Mutter
an ihre Tochter Zenzele, die in Harvard studiert. Sie erzählt
ihr Leben und berichtet von den Umwälzungen der letzten
30 Jahre in Simbabwe und imgrunde vom gesamten Kontinent Afrika.
Unter anderem erzählt die Mutter ihrer Tochter von deren
Vater, einem politisch aktiven Anwalt und erinnert Zenzele,
die Simbabwe nur als freies Land erlebt hat, an die vergangene
Ära, einem dem Wesen nach traumatischen Erbe, das auch
Verpflichtungen mit sich bringe. - Vgl. Tales Out of Africa
by Penelope Lively, in: The New York Times v. 3.03.1996. |
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27.
März |
1996 |
Aus
Anlass des - 1963 eingeführten - Welttheatertages der
UNESCO richtet der syrische Dramatiker Saadallah Wannous als
erster arabischer Autor die Grußadresse an die Weltheatergemeinde.
In seiner Rede spricht er von einem "umfassenden Dialog
zwischen Einzelpersonen sowie zwischen Nationen." Das
Theater könne der Ausgangsort für einen solchen
Dialog sein. Als "Pionier des modernen arabischen Theaters"
übernahm er selbst "die Verteidigung des Theaters
gegen die entwürdigenden Kräfte, die die moderne
Kultur bedrohen". "Theater", sagte er, "ist
nicht nur Ausdruck der Zivilgesellschaft, sondern auch eine
notwendige Bedingung für ihre Errichtung und ihren Wachstum",
weil es kein wahres Theater außerhalb der Zivilgesellschaft
gebe so wie es keine Zivilgesellschaft gebe bei Abwesenheit
von Demokratie und dem Respekt der Individualrechte. (Vgl.
Sa'dallah Wannous: A Life in Theater v. Manal A. Swairjo,
in: Al Jadid, Vol. 2, No. 8, Juni 1996, ÜEK:
J.K.)
Die
tageszeitung berichtet aus
→
Kenia,
die dortige Regierung übe Zensur im Druckbereich über
vielerlei Gesetze aus ...
"Für ein Land von Kenias Ruf ist das zwar keine
besonders lange Liste. Aber man muß bedenken, daß
in den letzten zehn Jahren systematisch versucht wurde, Kreativität
zu ersticken. Viele Schriftsteller haben nach Verhaftungen
und Verfolgungen das Land verlassen, unter anderen →
Ngugi wa Thiong'o, Abdilatif
Abdalla, Ali Mazrui, Alamin Mazrui, Maina wa Kinyatti, Micere
Mugo, Kimani Gecau, →
Ngugi wa Mirii und Atieno Odhiambo."
(Henry M. Chakava,·
taz)
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10.
April |
1996 |
Die Berliner Zeitung berichtet von wachsendem Druck auf
Nigerias Regime. Während die Regierung die demokratische
Fassade aufgibt, indem sie eigene Truppen ein Hotel in der nigerianischen
Stadt Port Harcourt abriegeln lässt, so dass Vertretern
der Bewegung für das Überleben des Ogoni-Volkes, die
mit einer Menschenrechtsdelegation der UNO sprechen wollten,
der Zutritt verweigert ist, formiert sich der Widerstand nach
der Hinrichtung von Ken Saro-Wiwa und 8 anderen Oppositionellen
neu:
13 demokratische Oppositionsgruppen Nigerias haben auf Parallel-Tagungen
in Johannesburg und Oslo beschlossen, die "Vereinigte Demokratische
Front Nigerias" (UDFN) als Dachorganisation zu gründen,
Motor dieses Beschlusses ist der nigerianische Nobelpreisträger
→ Wole
Soyinka, den die Berliner Zeitung mit folgenden Worten
zitiert: "Wir haben keine Zeit mehr (...) Jeden Tag werden Regimegegner
ins Gefängnis geworfen, werden Landsleute gefoltert, wird
→ Nigeria
von den korrupten Herrschern ruiniert." Soyinka befürchtet,
dass weitere inhaftierte Ogoni-Führer vor ein Sondertribunal
gestellt und hingerichtet werden könnten und ermahnt die
Welt endlich einzugreifen.·
(Berliner Zeitung) |
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23. April |
1996 |
"Welttag
des Buches und des Urheberrechts" (seit 1995, als die →
UNESCO
diesen Tag - Todestag von Cervantes und von Shakespeare - dazu
erklärte. |
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Im
Alter von 74 Jahren stirbt in seiner Geburtstadt Haifa der palästinensische
Schriftsteller Emil Habibi.
Seit den 1940er Jahren gehörte Habibi der KP an und war
von 1953 bis 1972 als einer ihrer Führer Mitglied des israelischen
Parlaments, der Knesset. Ein Leben lang trat er für die
Koexistenz und den Ausgleich zwischen Juden und Arabern ein.
Sowohl von den Palästinensern als auch von Israel wurde
er als Autor geehrt: 1990 erhielt er den Al Quds Prize
der PLO und 1992 den israelischen Staatspreis für Literatur
(gemeinsam mit Avot Yeshurun).
Der 1972 erschienene Schelmenroman Al-Mutasha'el (dt:
Der Peptimist. Basel 1992) ragt innerhalb seines Werks
wie auch der arabischen Literatur insgesamt weit heraus. In
der ägypt. Al Ahram wurde die Satire als "Vorbote
des magischen Realismus" in der arabischen Literatur bezeichnet.
Der Peptimist, der Protagonist Said, steht für die absurde
Situation, in der sich Habibis palästinensischen Landsleute
befinden, fremd im eigenen Land.
Weitere Titel:
Das Tal der Dschinnen (Basel 1993; Originaltitel: Iḥtīya)
Dämonenkind (Basel 1998, Originaltitel: Sarāyā
Bint al-Gūl) |
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16.
Juni
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1996 |
20.
Jahrestag des Soweto-Aufstandes in →
Südafrika.
Die Schüler- und Studentenproteste in der Township Soweto
(South-West-Town), einem Vorort von Johannesburg, richteten
sich gegen die Absicht des Apartheidregimes, in den höheren
Klassen in Afrikaans anstatt - wie gehabt - in Englisch unterrichten
zu lassen. Der Aufstand wurde zum Symbol für den Kampf
gegen die Apartheid schlechthin.
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23.
Juni |
1996 |
Der in →
Syriens
Hauptstadt Damaskus geborene → Rafik Schami
wird 50 Jahre alt. Er schreibt in dt. Sprache. Zu seinen bekanntesten
Büchern zählt der Roman Erzähler der Nacht. |
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26.
Juni |
1996 |
Die im Norden von →
Ghana
geborene Schriftstellerin engl. Sprache →
Amma Darko wird 40 Jahre alt. Ihren Erfolg als Autorin
verdankt sie in erster Linie ihrem deutschen Publikum. Ihren
Erstling, den Migrations-Roman Der verkaufte Traum (1991)
hat sie mit Erfolg zunächst in Deutschland veröffentlicht,
wo sie in den 80er Jahren als Asylbewerberin lebte. |
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30.
Juni |
1996 |
Die
→ algerische
Schriftstellerin frz. Sprache →
Assia
Djebar wird
60 Jahre alt. |
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zeit |
los |
Arabische und afrikanische Sprüche und Weisheiten:
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15.
Juli |
1996 |
Driss Chraibi, der in Mazagan - heute Al-Jadida -, in → Marokko
geborene marokk. Schriftsteller frz. Sprache wird 70 Jahre alt.
- Internationale Anerkennung erlangte Chraibi mit seinem 1954
erschienenen ersten Roman Le passé simple. In
Deutschland wurde er mit dem originellen Roman Die Zivilisation,
Mutter! bekannt und erreichte große Popularität
mit der Figur des Inspektor Ali, dem Protagonisten einer Krimiserie. |
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27
Juli |
1996 |
Aļcha
Fofana zur malischen Frauenliteratur
In einem Interview wird Aļcha Fofana, die erste malische Autorin,
die einen Roman (1994) veröffentlichte, von Irène Assiba
d'Almeida nach dem Stand der malischen Frauenliteratur befragt.
Ihre Antwort bildet den aktuellen Stand im Lande ab:
"Was Mali angeht, so ist sie sehr begrenzt. Man kann nicht
sagen, dass es vor mir keine Frauen gab, die Literatur geschrieben
hätten. Es gab Aoua Keļta, doch sie hat eine Autobiografie
veröffentlicht. In ihr beschreibt sie ihre Erfahrungen
als Hebamme. Wir haben eine weitere Frau, die geschrieben hat:
Madame Ba Konaré, die Frau des Präsidenten der Republik
Mali, unsere First Lady, wie wir sie nennen. Da sie Historikerin
ist, beschäftigen sich ihre Schriften mit unserer Geschichte.
Sie ist die Autorin von Da Mozon ou le pouvoir guerrier,
sie schrieb auch Ségu. Das erinnert mich an Maryse
Condé, die Ségou schrieb. Wir haben sie und wir haben
auch eine neue Romanautorin mit Namen Bamakan Souko. Sie schrieb
eine Kurzgeschichte, die einen Preis von Radio France Internationale
erhielt. Ich habe gehört, dass es eine weitere gibt, die
eine Kurzgeschichte in einer Erzählungssammlung veröffentlicht
hat, die gerade herauskam. Sie ist die aktuellste. Vielleicht
sind wir insgesamt vier, aber ich frage mich selbst: 'Wie viele
mehr gibt es von uns im Schatten.' Autorinnen haben das Problem,
einen Verleger zu finden, um ihr Werk zu veröffentlichen."
(ÜEK:
J.K.) - Vgl Aïcha Fofana: First Woman Novelist of Mali
v.
Irène Assiba d'Almeida, in: Camel Tracks: Critical Perspectives
on Sahelian Literaturs von Debra Boyd-Buggs und
Joyce Hope Scott (Hrsg.) Africa World Pr. Trenton, New Jersey,
USA 2004. S.274 |
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August |
1996 |
"Männer
von Ansehen
"
Mit diesem Titel überschreibt das Autorenteam Akwete Sande,
Patrick Mwanza und Angels Mtukulo aus →
Malawi
seinen Kurzbericht für die kritische Zeitung New Internationalist.
Präsident Bakili Muluzi von Malawi habe seinen Ruf aufs
Spiel gesetzt, heißt es in dem Artikel, der sich auf die
Nachrichtenagentur Gemini News Service bezieht, als er
sein Portrait auf einen Geldschein drucken ließ. Muluzi
hatte den Personenkult um den abgesetzten "Präsident(en)
auf Lebenszeit" Hastings Kamuzu Banda verurteilt, der andere
historische Persönlichkeiten in den Hintergrund drängte
und die Leute glauben machte, "Banda sei der Anfang und das
Ende der Geschichte des Landes". Das Kabinett habe nun beschlossen,
Portraits von Banknoten zu verbannen, weil man davon ausgehe,
dass viele von den geschätzten 7.7 Mio. Analphabeten im
Lande glauben könnten, Banda sei immer noch an der Macht.
Kritiker behaupteten, Muluzi sei in die Fallen des Amtes geraten
und das Malawische Parlament habe beschlossen, dass die zukünftige
Währung nicht mehr das Angesicht von lebenden Führern
tragen werde. ·
(New
Internationalist,
ÜEK:
J.K.) |
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15.
August |
1996 |
Lépold Sédar Senghor, senegalesischer Politiker,
Philosoph und Schriftsteller wird 90 Jahre alt. |
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22.
August |
1996 |
Die taz meldet sich aus London, wo der Literaturnobelpreisträger
→ Wole
Soyinka sich im BBC-Fersehen zu Angriffen nigerianischer
Geheimdienstler äußerte. Er selbst sei bereits zum
Ziel der nigerianischen Militärdiktatur geworden. "Er
fürchte sich besonders vor Säureangriffen ins Gesicht.
In → Nigeria
werde dies häufig getan, um Oppositionelle zum Schweigen
zu bringen. Ein früherer Agent bestätigte vor der
Kamera, daß das Militär Mitglieder der Demokratiebewegung
im Ausland verfolge. Die nigerianische Botschaft wies die Vorwürfe
zurück." ·
(taz) |
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1996 |
Im
Alter von 63 Jahren verstirbt die politische Aktivistin und
Schriftstellerin Latifa al-Zayyat.
In diesem Jahr wurden ihr zwei große literarische Ehrungen
zuteil: Sie wurde für ihren Roman The Open Door
mit der Nagib Machfus-Medaille ausgezeichnet und wenige Monate
vor ihrem Tod mit dem ägyptischen Staatspreis für
Literatur. |
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2.
Oktober |
1996 |
In einem Artikel von Ortrun Egelkraut berichtet die Berliner
Zeitung von Wole Soyinkas Theaterstück The Beatification
of Aerea Boy (Die Seligsprechung des Area-Jungen),
das am heutigen Tag im Berliner Podewil Deutschlandpremiere
habe.
→ Wole
Soyinka verbinde in dem Stück, "traditionelle
Mythen mit modernen Stilmitteln, hinterfragt kritisch alte und
neue Götter, soziale und politische Konflikte". (...)
Mit einem Hinweis auf Wole Soyinkas politisches Engagement schließt
der Bericht: Wole Soyinka versuche "unermüdlich"
die westliche Welt zu Sanktionen gegen das Militärregime
in seiner Heimat Nigeria zu bewegen. ·
(Berliner
Zeitung) |
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1996 |
"Zensiert
in
→
Palästina"
Unter diesem Titel veröffentlicht THE NEW YORK REVIEW
OF BOOKS einen Aufruf von zahlreichen namhaften
Schriftstellern an Jassir Arafat, das Verbot der Bücher
des palästinensischen Essayisten und Kritikers Edward
W. Said zurückzunehmen.
→ mehr dazu ·
(THE
NEW YORK REVIEW OF BOOKS, ÜEK:
J.K.) |
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Dezember |
1996 |
In
der äquatorialguineischen Hafenstadt Bata stirbt 67-jährig
der einheimische Schriftsteller Leoncio Evita Enoy. Er hatte
mit Cuando los combes luchaban - Novela de costumbres de
la Guinea Española (Als die Combé kämpften
- Roman über die Bräuche von Äquatorialguinea)
1953 den ersten Roman des Landes veröffentlicht. |
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5.
Dezember |
1996 |
→ Lewis
Nkosi, südafrikan. Journalist und Schriftsteller engl.
Sprache, wird
60 Jahre alt. |
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1996 |
Die
südafrikanische Wochenzeitung Mail & Guardian
startete gegen Ende des Jahres unter südafrikanischen Autoren
eine Umfrage nach ihrem persönlichen Buch des Jahres 1996.
→ Nadine
Gordimer beispielsweise wählt → Nagib Machfus'
Echoes of an Autobiography ...
→ mehr
dazu ·
(Mail
& Guardian, Südafrika,
ÜEK:
J.K.) |
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Anmerkungen:
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inkl. arabischer Raum
ÜEK: J.K. --> Aus dem Englischen
Übersetzt und kommentiert: Janko Kozmus ©
ÜEK: J.K. --> Aus dem Englischen
übersetzt u. kommentiert v. Janko Kozmus ©
ÜFK: J.K. --> Aus dem Französischen
übersetzt und kommentiert: Janko Kozmus © |
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Quellen:
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Sach-
und Personenregister |
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