DIE MARABOUT-SEITE
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Chronik (1901-2019)

Zur Sozial- und Literaturgeschichte Afrikas * von innen und außen 

Tageschronik: 1. November 2007

 

· Die MARABOUT-SEITE zitiert aus Ägypten ·  


"Angelegenheiten des Urteilsvermögens"

überschreibt Mona El-Nahhas ihren Artikel für die halbamtliche ägyptische Zeitung Al-Ahram. Mit seiner letzten Fatwa, die immer noch im Fokus der Kontroverse stehe, scheine der Scheich der Al-Azhar-Universität entschlossen, damit fortzufahren, die Öffentlichkeit zu schockieren, beginnt sie. Es sei in Ordnung, habe der Großimam von Al-Azhar Scheich Mohamed Sayed Tantawi vergangene Woche gesagt, wenn die politische Macht vom Vater auf den Sohn übergehe, so lange das in freien Wahlen stattfinde. Es sei das konstitutionelle Recht des Sohnes, habe Tantawi ausgeführt und sich dabei auf Gamal Mubarak bezogen, sich als pontentieller Kandidat zu präsentieren, so er das wünschte.

Tantawis Ausführungen seien während eines vom MBC Satellitenkanal ausgestrahlten Interviews gemacht worden und kurz nach seiner letzten Fatwa erfolgt, "in welcher er für die Prügelstrafe für solche einzutreten schien, die der Verleumdung schuldig befunden waren". Sie sollten laut Tantawi 80 Schläge erhalten; sein Bezug auf den Koran, wie seine Kritiker unterstrichen, habe sich explizit auf jene bezogen, die den Ruf einer tugendhaften Frau anzweifelten.

Berüchtigt sei die Fatwa, schreibt El-Nahhas weiter, seit jenen Gefängnisurteilen, die gegen sieben Journalisten ergingen, die der Verleumdung von sieben langgedienten Mitgliedern der Nationaldemokratischen Partei (National Democratic Party), zu denen an erster Stelle Präsident Hosni Mubarak und sein 43jähriger Sohn Gamal zählten, schuldig befunden worden waren.

"Die Fatwa fällt zeitlich zusammen mit der noch andauernden Verhandlung gegen Ibrahim Eissa, Chefredakteur der unabhängigen Zeitung Al-Dostour, der beschuldigt wird, Gerüchte über den Gesundheitszustand des Präsidenten in Umlauf gebracht zu haben."

Unter diesen Umständen sei es keine Überraschung, heißt es in dem Bericht weiter, dass die Fatwa von einigen als Versuch interpretiert werde, das Regime mit einer religiösen Rechtfertigung zu überziehen, um die Pressefreiheit zu unterminieren; Tantawis Argument, eine allgemeine religiöse Regel zu offerieren und nicht auf eine bestimmte Gruppe abzuzielen, habe es außerdem nicht vermocht, die Mehrheit der Kommentatoren zu überzeugen.

Tantawi, der 1996 in seinen derzeitigen Posten berufen wurde, werde seit langem als Verteidiger des Regimes betrachtet, stellt El-Nahhas fest. Seine religiöse Meinung, sagten seine Kritiker, scheine zu häufig dem Regierungssystem zu schmeicheln und dessen Interessen zu dienen, soweit gehend, dass er beschuldigt werde, die Prinzipien des Isalm für das Wohl der Staatspolizei in einer Weise zu kompromittieren, dass er die Glaubhaftigkeit von Al-Azhar beschädige.

"Tantawi wurde ebenfalls beschuldigt, Al-Azhar in autokratischer Weise zu führen."

Freimütige Al-Azhari-Dozenten, die Tantawi kritisierten, schreibt El-Nahhas weiter, hätten ihre Stellung verloren, während andere vor Disziplinarräte gezerrt worden seien. 1999 habe Tantawi die Front of Al-Azhar Ulama aufgelöst und drei Jahre später sei deren Generalsekretär Yehia Ismail zu einem Jahr Gefängnis verurteilt worden, nachdem er für schuldig befunden war, Tantawi beleidigt zu haben. Die von Ismail angeführte Front, führt El-Nahhas aus, habe eine Anti-Tantawi-Kampagne geleitet und sich kritisch gegen die Positionen von Tantawi gestellt, zu denen u.a. die Zahlung und Belastung von Zinsen durch Banken zählte. "Indem er sich seiner Opponenten entledigte, schaffte es Tantawi, Al-Azhar fester in den Griff zu bekommen und Entscheidungen zu fällen, wie immer es ihm gefiel", zitiert El-Nahhas einen Al-Azhar-Dozenten, der darum gebeten habe, nicht namentlich genannt zu werden.

Freimütige Al-Azhari-Dozenten, die Tantawi kritisierten, schreibt El-Nahhas weiter, hätten ihre Stellung verloren, während andere vor Disziplinarräte gezerrt worden seien. 1999 habe Tantawi die Front of Al-Azhar Ulama aufgelöst und drei Jahre später sei deren Generalsekretär Yehia Ismail zu einem Jahr Gefängnis verurteilt worden, nachdem er für schuldig befunden war, Tantawi beleidigt zu haben. Die von Ismail angeführte Front, führt El-Nahhas aus, habe eine Anti-Tantawi-Kampagne geleitet und sich kritisch gegen die Positionen von Tantawi gestellt, zu denen u.a. die Zahlung und Belastung von Zinsen durch Banken zählte. "Indem er sich seiner Opponenten entledigte, schaffte es Tantawi, Al-Azhar fester in den Griff zu bekommen und Entscheidungen zu fällen, wie immer es ihm gefiel", zitiert El-Nahhas einen Al-Azhar-Dozenten, der darum gebeten habe, nicht namentlich genannt zu werden.

Mona El-Nahhas beschließt ihren Bericht, indem sie Ahmed Taha Rayan, Professor für Vergleichende Rechtswissenchaften und früheres Mitglied der aufgelösten Front of Al-Azhar Ulama, zitiert, der sich sich gegen die Entscheidung wendet:

"Es ist ein ernster Schritt. Er bedeutet, dass Al-Azhar-Studenten unwissend bleiben, was die Glaubenssätze der Rechtssprechung angeht, etwas, dass sie von ihrem religiösen Erbe abtrennen wird. Tantawis Buch kann nicht als Ersatz für die Bücher der vier Juristen gelten". · (Al-Ahram, ÜEK: J.K.)

Quelle:
Al-Ahram, ägypt. Wochenzeitung in arab. u. engl. Sprache (Al-Ahram)

Anmerkungen:
* inkl. arabischer Raum
ÜEK: J.K. --> Aus dem Englischen übersetzt und kommentiert: Janko Kozmus ©


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