DIE MARABOUT-SEITE
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Chronik (1901-2019)

Zur Sozial- und Literaturgeschichte Afrikas * von innen und außen 

Tageschronik: 31. Januar 2008

 

· Die MARABOUT-SEITE zitiert aus Ägypten ·  


"Hundertjahrfeiern und Zensur"

Mahmoud Wl-Wardani berichtet für die englischsprachige Al-Ahram Weekly über die Aktivitäten der 40. Internationalen Kairoer Buchmesse.
Vor 40 Jahren, im Januar 1968, schreibt El-Wardani, habe der damalige Präsident des bedeutendsten Regierungsverlags die erste Buchmesse Ägyptens oder eigentlich der gesamten Region organisiert. Die Initiative sei von einigen als Reaktion auf die Niederlage von 1967 gesehen worden, anstatt sich der Verzweiflungswelle hinzugeben, die über
Ägypten schwappte, habe El-Qalamawi das Kulturleben des Landes wiedererwecken wollen.

"Daher ist es nur passend, dass die Initiatoren der 40. Kairoer Internationalen Buchmesse (Cairo International Book Fair, CIBF) während dieses Ereignisses El-Qalamawi Tribut zollen." Die Hundertjahrfeiern verschiedener Lehrinstitutionen im Lande, in erster Linie der Kairoer Universität, würden ebenfalls während der Messe gefeiert, fährt der Autor in dem Bericht sachlich fort. Seminare zur Rolle der Bildenden Künste in der Gesellschaft, Probleme, denen sich Künstler gegenüber sähen und der Kunstmarkt würden anlässlich der Hundertjahrfeier der Fakultät der Schönen Künste an dieser abgehalten. Um die Hunderjahrfeier des Ägyptischen Kinos zu begehen, würden verschiedene Seminare zu Filmindustrie und zu Meilensteinen des Films abgehalten. "Als Teil der Anstrengungen, den 'Pionieren' Tribut zu zollen, werden verschiedene Werke von Ahmad Lutfi El-Sayyid, einem herausragenden Akademiker der ersten Hälfte des vergangenen Jahrhunders, neu verlegt, inkl. seiner Übersetzungen der Werke von Aristoteles zu Politik und Ethik." Dieses Jahr würden 16 arabische und zwei nichtarabische Länder an der Messe teilnehmen. Unter den 743 Verlegern, die bei dem Ereignis präsentiert würden, seien 522 ägyptische, 178 arabische und 43 nichtarabische Vertreter. Ehrengast seien die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE), ein Land, das kürzlich seinen Anspruch auf kulturelle Führerschaft an der "Arabischen Front" angemeldet habe.

Das inzwischen vertraute Kultur-Café melde sich mit Seminaren zu den aktuellen Themen Zivilgesellschaft, unabhängiges Theater, Kurzgeschichten und Blogger zurück. Verschiedene Schriftsteller, schreibt El-Wardani weiter, seien in öffentlichen Debatten engagiert, in besonderen Sitzungen unter dem Titel "Schriftsteller und Bücher", wo die Autoren ihre neuen Bücher mit dem Publikum diskutierten. Diskussionen am runden Tisch konzentrierten sich auf Übersetzen und Verlegen und auch die Klassiker seien eingeplant. Ein Forum, bekannt als "Literarische Begegnungen" sei jungen Schriftstellern vorbehalten, um ihre Werke der Öffentlichkeit präsentieren zu können. "Europa scheint in diesem Jahr wenig Interesse an der CIBF zu zeigen", schreibt El-Wardani wörtlich, "anders als vor zwei Jahren, als Deutschland der Ehrengast war". Frankreich sei jedoch die Ausnahme, es präsentiere sich in großem Umfang mit verschiedenen Autoren, die zu Nahost-Themen publizierten. Die American University in Cairo Press würde Signierstunden ägyptischer Schriftsteller organisieren. Die VAE, "Star des Events", organisierten Ausstellungen, Preisverleihungen, Literaturseminare, Lyriklesungen sowie Modeschauen, und dies "nicht nur auf dem Gelände der Buchmesse". Die Vorhaben der VAE-Organisatoren schlössen das Opernhaus, den Manesterli Palace, das Mahmoud Mokhtar Museum sowie den Kunstkomplex ein. Repräsentanten von VAE-Stifungen und -Übersetzeragenturen seien in Kairo zugegen, "um die Aktivitäten zu beaufsichtigen".

Es heißt, schreibt El-Wardani vielsagend, zehn arabische Romanciers seien zur CIBF eingeladen wurden, "aber die offizielle Messebroschüre erwähnt ihre Namen nicht". Die Organisatoren der CIBF kündigten ein neues Periodikum mit dem Titel "The Novel: Issues and Horizons" (Der Roman: Streitfragen und Horizonte) an, das während der Messe aus der Taufe gehoben werden sollte, es bleibe abzuwarten, ob dies tatsächlich umgesetzt würde. Der Autor dieses Berichts bleibt seinem einmal aufgenommen kritischen Ton treu, als er auf Regierungsvertreter zu sprechen kommt: "Sollten Sie auf die Messe gewartet haben, um ihren Wunsch-Regierungsvertreter anzutreffen, dann kann das dauern". Die meisten "Würdenträger der Regierung", die gewöhnlich öffentliche Diskussionsrunden abhielten, blieben dieses Jahr der Messe fern; einige hätten als Grund angegeben, dass die Öffentlichkeit zu verärgert sei über die kürzlichen Preissteigerungen sowie über die depremierenden Aussichten auf Beihilfen, die allesamt abgeschafft worden seien.

Generell dürfe man nicht erwarten, alles, was in der Broschüre angekündigt werde, würde realisiert. Einige angekündigte Seminare würden nicht abgehalten werden. Andere würden statt finden aber ohne die Hauptredner, weil niemand sich darum gekümmert habe, sie auch einzuladen. Währenddessen seien die Zensoren in Aktion gewesen. Bücher der libanesischen Autoren Elias Khoury und Alaweya Subh seien am ersten Tag der Messe verboten worden - obwohl diese zuvor schon erhältlich waren.

Die Messe drehe sich nicht um Streitfragen, obschon die lebendigen Debatten der vergangenen Jahre die Vorstellungen der Öffentlichkeit geprägt haben dürften. Viele hatten sich in der Vergangenheit beschwert, dass bei diesem Anlass anstatt Bücher zu verkaufen, Debatten ausgelöst würden oder man sich dem stürmischen Mob hingebe. Die diesjährige Messe gehe deshalb vorsichtig zu Werke, stellt El-Wardani abschließend fest, sie verkaufe Bücher und halte Debatten im Zaum. · (Al-Ahram, ÜEK: J.K.)

Quelle:
Al-Ahram, ägypt. Wochenzeitung in arab. u. engl. Sprache (Al-Ahram)

Anmerkungen:
* inkl. arabischer Raum
ÜEK: J.K. --> Aus dem Englischen übersetzt und kommentiert: Janko Kozmus ©


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