Yusuf
Zeydan (auch: Youssef Ziedan): Beelzebub
Für
die in Abu Dhabi ansässige
englischsprachige Zeitung The
National spricht Sayyed
Mahmoud mit dem
ägyptischen Autor über seinen umstrittenen Roman
Beelzebub.
Angesiedelt sei die Handlung des Romans Beelzebub (Azazeel)
von Yusuf Zeydan im 5. Jahrhundert in Oberägypten, Alexandria
und Syrien während eines Wendepunktes in der Geschichte
der Christenheit.
"Warum haben sie den Namen Beelzebub für
den Roman gewählt, ein Titel, dessen Verzweigungen schwierig
für den Durchschnittsleser zu verstehen sind?"
"Der Roman ist in erster Linie nicht für den Durchschnittsleser
geschrieben."
"Was war der Grund für das, was Jabar Asfour 'die
eingeklammerte narrative Imagination' nannte, bei der der
implizite und explizite Autor mit der Einleitung des Übersetzers
aus den Geschichten verschwindet".
"Ich wollte, dass der Leser am Roman partizipiert, um
verstrickt zu werden, um durcheinander zu geraten, wie ich
es war, um außerdem innerhalb des Romans einen Mittelweg zwischen
Realität und Imagination anzulegen und in den Text eine
Menge seiner eigenen Realität, seiner eigenen Imagination
einfließen zu lassen, bis sie zuletzt unsichtbar eine Verbindung
zum Helden herstellen und sich in ihm reflektiert sehen. Ich
wollte keine Unterhaltungsgeschichte präsentieren, ich
wollte dem Leser einen provokativen Text präsentieren,
der auf einem hohen Niveau mit ihm interagiert."
Der Roman agiere auf verschiedenen Ebenen, fährt der
Interviewer fort, es gebe eine deskriptive Ebene, dann eine,
die man als religiös beschreiben könne, dann eine
andere, die einen Dialog mit dem historischen Text darstelle.
"Wie hat Zeydan dies bewerkstelligt?"
"Dies ist das Ergebnis einer Beschäftigung mit der
Natur von Text, ob historisch oder zeitgenössisch. Dasselbe
habe ich in meiner Arbeit als Kritiker getan, die in den frühen
1990ern veröffentlicht wurde, anschließend in meinem
Buch Iltiqa'a il Bahrain (Das Treffen der Meere) in
der Mitte der 1990er. Insofern ist die Erfahrung, von der
Sie sprachen, weder gering noch neu."
"Der Roman triumphiert in einer poetischen Sprache mit
Sufi-Untertönen, die Asfour in seiner Artikelserie über
das Werk, "die Sprache der poetischen Imagination"
nannte. Sprechen Sie zu uns über die Kämpfe, die
nötig waren, um dieses Werk voranzubringen."
"Es ist kein Kampf, es ist ein Eintauchen in die Persönlichkeiten
und ein Aufzeichnen des Roman-Ichs der Figuren. Es durchdringt
mich völlig und ich werde wie eine dieser Figuren. Dann
lasse ich die Figuren für sich selbst sprechen, in ihrer
eigenen, besonderen Sprache, mit ihren eigenen Visionen."
"Waren Sie überrascht, wie ihr Roman aufgenommen
wurde, insbesondere über die religiösen Interpretationen,
die Sie zur Auseinandersetzung mit bestimmten Klerikern veranlasste?"
"Natürlich, ich war überrascht von den unbegründeten
Angriffen, aber ich erlaubte mir nicht, es zu einer Konfrontation
kommen zu lassen. Und ich stimme mit Ihrer Einschätzung
nicht überein. Im Gegenteil, ich war so flexibel wie
möglich und ich antwortete nicht auf die Thesen, auf
die die offiziellen Kirchen-'Urteile' sich stützten,
weil ich auf die warte, die - obwohl sie sich über meinen
Roman ärgern - ihn unvoreingenommen lesen oder auf die,
die die andere Wange hinhalten, wenn sie zu einem tieferen
Verständnis nicht fähig sind."
"Was denken Sie von den Kritikern, die ihn unvoreingenommen
gelesen haben, was zur Nominierung für den Arabischen
Literaturpreis**
führte, einer Nominierung, die einige als große Überraschung
ansahen?"
"Die kritische Lektüre meines Romans verzögerte
sich, was einige Leute dazu brachte, den Roman als ein Buch
außerhalb des Reichs der literarischen Schöpfung zu lesen.
Aus diesem Grund bedeutete die [Arab-]Booker-Nominierung,
dann die Shortlist der 16, dann die Shortlist der 6 eine Rechtfertigung
für die literarische Natur des Romans und eine anspruchsvolle
Bestätigung seiner literarischen Ebene. Meine theoretische
Meinung wurde offen und ehrlich in meinen anderen Büchern
dargestellt. Warum also attackieren meine höchst feindlichen
Kritiker nicht das Material in diesen Büchern und überlassen
die Literatur und die Romane denen, die den Schwerpunkt im
Lesen sehen?"
Abschließend
kommt der Interviewer auf die Internet-Kritiker zu sprechen,
die dem Autor unterstellen, er habe, etwas dem Da Vinci
Code ähnliches zu schreiben beabsichtigt. "Was
erwidern Sie?"
"Ich habe keine Erwiderung darauf, weil deren Verfechter
weder den einen noch den anderen Roman gelesen haben oder
sie ignorant sind gegenüber dem grundlegendem Unterschied
zwischen einem auf historischer Verfälschung begründeten
Abenteuerroman wie Der Da Vinci Code und einem philosophischen
Roman wie Beelzebub,
geschrieben mit Blut, Schweiß und Tränen." ·
(The National, Abu Dhabi, ÜEK:
J.K.)
Quelle:
The
National, Abu Dhabi
Anmerkungen:
*
inkl. arabischer Raum
** Das Interview wurde vor der Bekanntgabe
des Gewinns des Internationalen Preises für Arabische
Literatur, dem sog. "Arab Booker"-Preises am selben
Abend veröffentlicht.
ÜEK:
J.K. --> Aus dem Englischen übersetzt und kommentiert:
Janko Kozmus ©
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