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Rezension: → Abdulrazak Gurnah - Donnernde Stille

Einsam zwischen zwei Welten

Abdulrazak Gurnahs Roman Donnernde Stille

Von Manfred Loimeier (©)

Selten wurde ein Leben zwischen zwei Kulturen zugleich so sarkastisch und wehmütig beschrieben wie in diesem Roman des auf Sansibar geborenen und in England als Literaturprofessor lebenden Abdulrazak Gurnah. Das Buch macht neugierig auf die weiteren vier Romane des 53-Jährigen, die in der Edition Kappa noch erscheinen sollen*. In Großbritannien, Gurnahs neuer Heimat, gilt der frühere Lektor der renommierten African Writers Series im Heinemann Verlag längst als einer der profiliertesten englischsprachigen Autoren - so stand sein bereits 1996 auf Deutsch veröffentlichter Roman Das verlorene Paradies sogar auf der Vorschlagsliste für den Booker-Preis.

Gurnah nimmt eine Herzschwäche seines Protagonisten zum Anlass, um ihn über sein Leben nachdenken und zu einem Besuch in seine alte Heimat aufbrechen zu lassen. Bissig kommentiert der Autor die letztlich doch verlogene These von der gleichwertig multikulturellen Gesellschaft Großbritanniens, und zugleich bringt er die Bewunderung zum Ausdruck, mit der in Ländern der Dritten Welt die technischen Errungenschaften der industrialisierten Staaten bestaunt werden. Gurnah zeigt die Mühsal, die vergeblichen Anstrengungen, im afrikanischen Alltag in einem politischen Wirrwarr aus scheiternden Diktaturen und sich gegenseitig blockierenden Rivalitäten ein halbwegs geregeltes und gesichertes Leben zu führen. Auch hier scheint aber der Stolz auf die kulturellen Schätze durch, die Sansibar einst berühmt machten und noch immer für den früheren Wohlstand der dortigen Bevölkerung stehen.

Gurnahs Held wird weder bei seiner Familie auf Sansibar noch mit seiner neuen Familie in England glücklich. Von dort trennen ihn die Jahre des Exils, von hier seine Erlebnisse als Afrikaner. Donnernde Stille ist trotz der zahlreich und überaus feinfühlig geschilderten Figuren ein Roman über Einsamkeit und den Verlust von Heimat. Gurnah veranschaulicht nüchtern die gebrochene Identität seines Anti-Helden, ganz ohne Trauer und Anklage. Sein kühles Understatement einerseits und die prägnante Darstellung einer Lebenskrise andererseits machen den Roman Donnernde Stille zu einem kleinen Meisterwerk.

Abdulrazak Gurnah, Donnernde Stille. Roman aus Tansania, übersetzt von Helmuth A. Niederle, Edition Kappa, München/Wien 2000, 302 Seiten

(Originaltitel: Admiring Silence)

Die Rezension wurde im Jahr 2000 verfasst, für die Marabout-Seite übernommen 02/2004

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