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Rezension: → Rayda Jacobs - Augen des Himmels

Mord, Raub und verbotene Liebe

Roman über die Buschleute Südafrikas von Rayda Jacobs

Von Manfred Loimeier (©)

In der Republik Südafrika galt es zu Zeiten der Apartheid als unumstößliches Dogma, dass das Land am Kap zuerst von Weißen besiedelt worden sei. Seit der politischen Wende gewinnen indes die Stimmen an Gewicht, die auf die belebte Geschichte Südafrikas vor dem Eindringen der Holländer und der Briten verweisen.

Die 52-jährige Südafrikanerin Rayda Jacobs hat nun* den Roman Augen des Himmels vorgelegt, für den sie sogleich den neuen Herman-Charles-Bosman-Preis erhielt und in dem sie das Leben der San, der so genannten Buschleute schildert sowie deren Auseinandersetzungen mit den ersten Kapholländern. Den Roman schrieb Jacobs im kanadischen Exil, wo sie als Farbige 27 Jahre ihres Lebens verbrachte, bis sie 1995 in ihre Heimat zurückkehren konnte.

Die Handlung von Augen des Himmels setzt etwa Mitte des 18. Jahrhunderts ein und endet um 1800, noch vor den Kriegen der Buren mit den Briten. Die Buren nehmen nach und nach Besitz von dem Land, in dem die San beheimatet sind. Auf einer entlegenen Farm leben Großvater, Vater und die beiden zerstrittenen Brüder David und Roeloff - der eine böse, der andere gut. Ihre verschiedenen Charaktere zeigen sich auch im Umgang mit den Buschleuten, den San. Während David für Mord und Vertreibung plädiert und vergewaltigt, beginnt Roeloff eine Liebesbeziehung mit einem Buschmädchen namens Zokho.

Jacobs rückt anschaulich, aber nicht immer frei von Stereotypen, die Begegnung zwischen dem Burenjungen Roeloff und dem San-Mädchen Zokho in den Vordergrund. Damit kontrastiert die Autorin auch die Lebensordnungen der beiden Hauptfiguren, nämlich Sesshaftigkeit und Privatbesitz versus Wanderwirtschaft und Gemeinbesitz. Obwohl Jacobs' romantisierende Sympathien klar durchscheinen, bleibt die Autorin realistisch genug, um auf die Unvereinbarkeit dieser gegensätzlichen Prinzipen gerade zur damaligen Zeit hinzuweisen. Die Beziehung zwischen Zokho und Roeloff zerbricht trotz eines Kindes, denn Roeloff heiratet lieber eine weiße Farmerstochter. Vertreibung, Morde und Vergewaltigungen, aber auch gesellschaftlich verbrämte Liebesbeziehungen prägen das Geschehen des Buches.

Wegen der detailgenauen Beschreibung früherer Sitten und Gebräuche eines Naturvolks liest sich Augen des Himmels bisweilen wie ein Abenteuerroman, dessen lockere Lektüre Spannung und Belehrung zugleich vermittelt. Dabei erinnert das Buch in Thema und Gestaltung an den Roman Die Erstgeborenen des deutschstämmigen Namibiers Giselher W. Hoffmann, der schon 1989 die Kultur der San auch aus persönlicher Anschauung recherchierte und literarisch verarbeitete. Jacobs Roman Augen des Himmels eröffnet zugleich eine Trilogie, deren zweiter Teil The Slave Book, Das Sklavenbuch, in Südafrika bereits veröffentlicht ist. In deutscher Übersetzung soll dieses Buch im kommenden Herbst erscheinen. Zurzeit schreibt Jacobs an den letzten Seiten des dritten Trilogie-Teils. Er ist den noch in der Gegenwart spürbaren Folgen der ethnischen Trennung und der heimlich praktizierten Vermischung der Kulturen in Südafrika gewidmet.

Rayda Jacobs: Augen des Himmels. Aus dem Englischen von Hilde Schruff. Lamuv Verlag. 320 Seiten, gebunden, EUR 19,90.

(Originaltitel: Eyes of the Sky)

* Die Rezension wurde 1999 verfasst, für die Marabout-Seite übernommen 11/2003
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